Lebenslauf Adolf Mundil

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Kurzer Lebenslauf der Familie Adolf Mundil und Berta geb. Matalla.

Mein Vater, Adolf Mundil, wurde dem Landwirt Paul und seiner Ehefrau Anna Mundil am 1. November 1902 als fünftes von insgesamt sieben Kindern in Tschermin, Kreis Groß Wartenberg geboren. Dieser und auch der Geburtsort meiner Mutter mußten gebietsmäßig nach dem 1. Weltkrieg an Polen abgetreten werden. Vater arbeitete nach seiner Volksschulentlassung zunächst im gärtnerischen Bereich. In den 20'er bis Anfang der 30'er Jahre war Vater sporadisch und auch saisonbedingt an unterschiedlichen Arbeitsstellen tätig. Diese ausgeübten Arbeiten waren zum Beispiel in der Zeit der Spargelernte im Raum Hannover (Niedersachen), oder die Beschäftigungen in den Zuckerfabriken in Schlesien während der Rübencampagne, aber auch das zeitlich begrenzte Fahren auf Lastkähnen auf der Oder waren seine Arbeitsstätten. Für einen längeren Zeitraum (ca. 2 oder 3 Jahre) fand Vater eine Beschäftigung im Baugewerbe in Bochum ( Nordrhein-Westfahlen),

Am 16. Februar 1935 heiratete Vater seine damalige Braut und meine Mutter, Berta geb. Matalla in der Tischlerstadt Festenberg, Kreis Groß Wartenberg. Ab diesem Zeitpunkt haben sie gemeinsam in einem kleinen Nebenhaus, das zu einem bewirtschafteten Hof, welcher einem älteren Bruder meines Vaters gehörte, ihren ständigen Wohnsitz in Groß Gahle, Kreis Groß Wartenberg begründet. Zur gleichen Zeit fand Vater auch, bis zur Einberufung zum Militär, einen ständigen Arbeitsplatz bei der Tiefbaufirma Hartmann in Oels (Niederschiesien). Am 12. Januar 1936 bin ich dann als einziges Kind dem jungvermählten Ehepaar geboren worden. Bereits im August 1939 wurde Vater als Reservist zur damaligen Reichswehr eingezogen. Er bestritt den Polen- und auch den Frankreichfeldzug, und wurde dann 1941 an die Ostfront in den Mittelabschnitt nach Rußland versetzt. Sicherlich war er kein guter und strebsamer Soldat. Unter dem seinerzeitigen staatlichen Gefüge wollte er es auch nicht sein. Was er sein wollte, war ein ehrenhafter und anständiger Mensch in Uniform, nicht aber ein tapfer kämpfender Soldat im damaligen Sinne. Hauptsächlich mochte diese Einstellung daraus fussen, dass meine Eltern in der evangelisch-lutherischen Kirche ein gläubiges Christentum gelebt haben. In seiner gesamten Militärzeit hat er den Grad eines Obergefreiten erreicht. Vater hat diese Feldzüge gesundheitlich einigermaßen, einschließlich dem späteren Rückzug und den schweren Kämpfen in Ostpreußen, bis zu seiner Gefangennahme, überstanden. Nach Auskunft am 1.9.1951 eines Kameraden von Vater wurden sie, ihre sogenannte noch bestehende Einheit am 12.5.1945 auf der "Halbinsel Hela" (Westpreußen) von den Russen gefangen genommen. Jahrzehntelang haben wir eine Nachricht über den Verbleib und das Leben von Vater, trotz intensiver Nachforschungen nicht erhalten; obwohl er auch aus der Gefangenschaft noch mehrmals geschrieben hatte. Erst durch den Volksbund Deutscher Kriegsgäberfürsorge und der Deutschen Dienststelle Berlin, die für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefangenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht zuständig ist, haben wir über den Tod von Vater am 10. März 1946 im Kriegsgefangenenlager in Stolbzy (damals UdSSR) erfahren.

Am 20. Oktober 1906 wurde meine Mutter, Berta Mundil geb. Matalla, den Eheleuten Gottlieb und Elisabeth Matalla in Baldowitz (Kolonie Laterne), Kreis Groß Wartenberg geboren. Sie war in dieser Familie das letzte von insgesamt neun Kindern. Nach der Voksschulzeit bis zu ihrer Eheschließung lebte Mutter in einer Haushaltsgemeinschaft mit den Eltern. Zuletzt wohnten sie in Kammerau, Kreis Groß Wartenberg, wo sie ihre gealterten Eltern pflegte. Einen Umzug von Mutter nach Groß Gahle hat sich später durch ihre Heirat ergeben. Hier in Groß Gahle führte sie zunächst zusammen mit ihrem Mann und Sohn ein zufriedenes und glückliches Eheleben. Mutter war neben ihrem eigenen Haushalt auch in und auf dem zum Wohnhaus gehörenden Garten und einem kleinen Ackerstück tätig. Soweit es erforderlich war, half sie auch in der Landwirtschaft bei ihrem Schwager und einem Nachbarn. Dieses gelebte harmonische Familienglück wurde jedoch abrupt 1939 durch den Beginn des 2. Weltkriegs getrübt. Ihr Ehemann wurde gleich am Anfang des Krieges Eingezogen und an die Front geschickt. Diese Trennung, wenn man damals nur an eine kurze Zeit dachte, sollte sich jedoch noch über viele Jahre erstrecken; ja, letztlich sogar bis auf beider Lebensdauer. Jetzt begann für Mutter eine harte Zeit. Neben der zum Teil zu übernehmenden zusätzlichen Arbeit ihres Mannes war ständig der Gedanke da, dass ihm bei den Einsätzen ganz vorne an den Kampflinien, hauptsächlich in Rußland, etwas Schlimmes passieren könnte. Der Krieg zog sich unendlich lange hin und die allgemeine Situation wurde nicht nur in der Heimat, sondern auch beim Rückzug der Fronten immer schlechter. Die Ereignisse spitzten sich schließlich soweit zu, daß Mutter mit mir am 20. Januar 1945 die große und endgültige Reise, die Flucht aus unserem so wunderschönen Schlesien antreten mußte. Mit ihrem Schwager und seiner Familie flüchteten wir zunächst mit Pferde und Wagen bis in die Tschechoslowakei. Hier wurden uns die Pferde und der Wagen von den Tschechen abgenommen, und den Kapitulationstag, den 8. Mai 1945 haben wir auf dem Hauptbahnhof in Prag bei kaum beschreibbaren unmenschlichen Ereignissen, wie auch noch einige Monate im gleichen Land danach erlebt. Letztlich haben wir dann über die Tschechoslowakei und Bayern im Oktober 1945 in Leiferde unsere zweite Heimat gefunden. Hier in Leiferde, Kreis Gifhorn (Niedersachen) war eine Schwester meiner Mutter verheiratet, so dass wir dieses im bayerischen Flüchtlingslager als Abreisegrund und Aufnahmeziel angeben konnten (erläuternd: es gibt noch ein weiteres Leiferde bei Braunschweig).

In unserer zweiten Heimat kamen wir, außer mit einem kleinen Köfferchen in der Hand und dem was wir am Körper trugen, mit Nichts an. Gerade deshalb waren hier die ersten Jahre aus der materiellen Sicht noch schlimmer als die harten Jahre während des Krieges in Schlesien. Neben täglichen knappen Mahlzeiten mußte auch noch der notwendigste Hausrat beschafft, bzw. wie es damals genannt wurde, organisiert werden.

In diesen Jahren gab es für Mutter in ihrem Leben, zusätzlich zu dem ständig quälenden Gedanken wo ihr Mann wohl sein könnte und ob er noch leben würde, kaum erfreuliche Begebenheiten. Allerdings später, im Jahr 1968, gab es doch einen leuchtenden und aufrichtenden Punkt in unserem alltäglichen Dasein. Mutter und ich konnten mit meiner Familie ein eigenes selbst errichtetes Wohnhaus beziehen. Nach einer langen Zeit habe ich dann Mutter mit ihren 62 Jahren an diesem Einzugstag wieder einmal richtig glücklich von Innen heraus lächeln sehen. Dieses Paradies, wie sie das eigene bebaute Grundstück immer wieder nannte, konnte sie danach auch noch einige jahrzehnte lang genießen. Nach einem nicht immer leichten Leben hatte Mutter mit dem vollendeten 96. Lebensjahr am 18. November 2002 im Alten- und Pflegeheim in Leiferde diese Weit für immer verlassen.


Mitgeteilt von Ihrem Sohn Gerhard Mundil im Juli 2008

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