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7. Die Parochie Rudelsdorf
Die Pfarrkirche ist sicher schon bei Aussetzung des Dorfes zu deutschem Recht mit der Widmut gegründet worden. Im 16. und 17. Jahrhundert hatte sie gleiches Schicksal mit den übrigen Kirchen der Standesherrschaft. Als 1654 die Rückgabe für den katholischen Kult erfolgte, befand sich das Kirchengebäude in trostloser Verfassung und sah mehr einer Räuberhöhle ähnlich. Nach dem Archidiakonalbericht von 1666 trug die Kirche den Titel von St. Hedwig. Eingepfarrt waren außer Rudelsdorf die Dörfer Ellgut und Radine. Das Patronat besaß Christoph von Sternberg. 1656 nahm der Besitzer von Nadine, Johann Christian von Schulz, das halbe Kirchlehn von Rudelsdorf in Anspruch. In dem dieserhalb entstandenen Rechtsstreite wurde festgestellt und entschieden, daß das halbe Kirchlehn von Rudelsdorf niemals nach Radine gehörte. Die Widmut bestand in drei Huben. Wie die Kirche, so waren auch Pfarr- und Kirchschreiberhaus in schlechtem Zustande. Im Kirchturm hingen zwei Glocken. Erst 1665 erhielt die Parochie wieder einen eigenen Pfarrer in der Person des Andreas Johann Joseph, eines geb. Reichtalers. Unter ihm wurden 1677 Kirche, Pfarr- und Schulhaus neu gebaut. Er ging 1682 als Pfarrer nach Bralin. Sein Nachfolger wurde Bartholomäus Navarra, † 10. Juni 1706; Balthasar Bernhard Bernert (?) (1706-15). Anton Ludwig Lakota, ein Oppelner, ordiniert 1711, von 1715-23. Matthäus Franz Dlugosch, ein Groß Strehlitzer, ordiniert 1706, von 1723-30. Johannes Anton Güntzel († 4. April 1733) N. N. bis 1737. Andreas Joseph Mittelmayer, ordiniert 1733, von 1736-37 Kaplan in Wartenberg, übernimmt das Pfarramt am 1. April 1737, ist 1740 Act. circ. und wird Juni 1743 Präfekt des Bischöflichen Klerikalseminars. Wilhelm von Koschembar, Oberkaplan in Wartenberg, wurde sein Nachfolger in Rudelsdorf. Er ging 1750 als Pfarrer und Erzpriester nach Militsch. Andreas Lensky, ordiniert 1735, seit 1744 Kaplan in Wartenberg, war Pfarrer von Rudelsdorf von 1750-64, da er nach Bralin ging. Von 1764-72 wird Rudelsdorf vom Schollendorfer Pfarrer Anton Beck (geb. Cosel O/S., ordiniert 1736) pastoriert. Johannes Heckert, ein Namslauer, ordiniert 1769, Kaplan in Wartenberg, übernimmt die Pfarrei Rudelsdorf Ende Juli 1772, geht 1780 nach Kaulwitz. Es folgt ihm Johannes Ignaz Libor (1780-83). Ignaz Kolleritsch (1783-86); Anton Josch aus Cosel O/S. ordiniert 1782 (1786-1812); Andreas Buchta aus Groß Strehlitz, ordiniert 1797, (1812-25) ging als Pfarrer nach Laskowitz Johannes Ciupke, vorher Kaplan in Wartenberg, (1825-27). Franz Gogol, geb. 1803 zu Münchwitz, ordiniert 1827, wurde am 1. Mai 1827 zum Administrator ernannt, blieb als wirklicher Pfarrer bis Neujahr 1841 da er als Pfarrer nach Frauenwaldau ging, wurde 1865 Erzpriester und Kreisschulinspektor und † 13. Januar 1876. Nikolaus Kulawy, 1810 in Dzieschowitz geb., ordiniert 1843, verwaltete das Pfarramt von 1844-53, † starb als Pfarrer von Wallendorf. Adalbert Krause, 1823 zu Ratibor, geb., studierte zunächst Rechtswissenschaft, dann Theologie, Priester seit 1847, zuletzt Kaplan in Kreuzendorf, versah das Pfarramt von 1853 bis zu seinem am 7. März 1865 erfolgten Tode. Kaplan Anton Cyran in Wartenberg, geb. Beuthen O/S., 1832, ordiniert 1857, wurde sein Nachfolger. Er ging 1888 als Pfarrer nach Konstadt, Vincenz Muschallik, geb. 1858 zu Beuthen O/S., ordiniert 1887, von 1888-1902, wurde Pfarrer in Lipine. Seit 1897 war er Aktuarius, seit 1899 Erzpriester des Groß Wartenberger Archipresbyterats. Theodor Weinhold, geb. 1868 zu Gleiwitz, ordiniert 1897, zuletzt Kaplan in Beuthen, wurde sein Nachfolger, ging 1906 als Pfarrer nach Matzkirch, wo er schon im nächsten Jahre starb. Richard Soika, geb. 1875 zu Wiegschütz, ordiniert 1898, zuletzt Administrator in Zehdenick bei Berlin, vom Patron, Majoratsherrn Dr. von Korn präsentiert, erhielt die bischöfliche Investitur am 25. August 1906. Besondere Verdienste um die Parochie haben sich die Pfarrer Gogol und Krause erworben. Ersterer verstand es, die im Jahre 1837 der Pfarrei drohende Auflösung abzuwenden, letzterer suchte unter unsäglichen Mühen und nicht entmutigt durch vielen Verdruß Ordnung und Klarheit in die vielfach sehr im argen liegenden kirchlichen und pfarrlichen Verhältnisse zu bringen und einigermaßen bessere Zustände zu schaffen. Die in 36 Ortschaften in einer Entfernung bis zu 20 km unter 900 Andersgläubigen zerstreut lebenden 850 Katholiken zu pastorieren, war für eine einzige Kraft fast ein Ding der Unmöglichkeit. Dabei gab es in der ganzen Parochie nicht eine einzige katholische Schule. Pfarrer Krause rief deshalb baldigst die katholische Schule zu Bukowine, dann die zu Rudelsdorf ins Leben. Leider starb dieser tatkräftige Pfarrer viel zu früh an den Folgen einer schweren Lungenentzündung, die er sich in Ausübung seines Hirtenamtes zugezogen. Unter seinem Nachfolger wurde 1869 die Pfarrwidmut drainiert; 1885 die altersgraue, mehr als bescheidene Pfarrkirche, ein Bindwerkbau ohne Turm, in ein schönes massives Gotteshaus mit Turm verwandelt und am 22. November durch Erzpriester Zajadacz benediziert; nur der alte Dachstuhl und das Schindeldach sind geblieben. Unter Pfarrer Muschallik wurde ein neues massives Pfarrhaus, unter Weinhold (1902) das Schulhaus neu gebaut.
Nach der Kirchenreduktion im Jahre 1654 waren die bisher selbständigen Pfarreien Distelwitz und Schönwald mit Rudelsdorf vereinigt worden. 1772 kam auch noch die bis dahin selbständige Pfarrei Schollendorf-Ober Stradam hinzu. Während letztere auf die Vorstellung des Stadtpfarrer Kupietz-Wartenberg im Jahre 1867 wieder ihre Selbständigkeit und einen eigenen Pfarrer erhielt, verblieb Schönwald bei Rudelsdorf noch bis 1884, wo es mit Festenberg vereinigt wurde.
Eine Kirchschule existierte zu Rudelsdorf bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Dem Namen nach bekannt sind die Kirchschullehrer: Simon Kwasny, (1677), Martin Drobig (1693), Valentin Wojitasch (seit 1715) von Wallendorf gebürtig; dessen Sohn Michael Wojtasch (l754), Andreas Wojtasch (1773), Franz Wojtasch (1803). Das Organistenamt allein versah Joseph Bystry seit 1810. Im Jahre 1857 entstand zunächst eine katholische Privatschule, welche unterm 5. Mai 1866 zur öffentlichen erhoben und der bisherige provisorische Lehrer Joseph Hunscha zum Lehrer, Organisten und Küster bestätigt wurde. Eingeschult: Radine, Distelwitz-Ellgut und Dyhrnfeld. (61 Schüler).

Die Materadjuncta zu Distelwitz
Die Urkunde des Kardinals Johann von St. Markus vom 14. Januar 1376 nennt in der sedes Warthinbergensis die Pfarrkirche zu Czyslai villa (Distelwitz). Im 16. und 17. Jahrhundert hatte dieselbe gleiches Schicksal mit den übrigen Kirchen der Standesherrschaft. Als sie 1654 wieder katholisch wurde, ist sie der Pfarrkirche zu Rudelsdorf adjungiert worden. Sie führte damals den Titel von St. Katharina und Kirchweih wurde am Sonntag nach Katharina (25. November) gefeiert. Das Kirchengebäude, ganz von Holz, befand sich 1666 in gutem Zustand, der Turm dagegen, in welchem drei Glocken hingen, nicht; eine vierte Glocke war abhanden gekommen. Über die Einkünfte der Kirche war nicht zu ermitteln, da der Grundherr als Patron die Regesten hinter sich hielt. Zur Reformationszeit hatte man das Dorf Bukowine nach Distelwitz eingepfarrt, während der Minderjährigkeit des Standesherrn (1646-66) war es wieder nach Medzibor geschlagen worden. Der katholische Pfarrer erhielt etwa den dritten Teil der Einkünfte, die vorher der lutherische Prediger bezogen hatte. Der Pfarrhof war ruiniert. Zum Kirchschulhause gehörte ein großer Garten, den aber (1666) der Lehrer nicht nutzen konnte, da ein Drittel davon der herrschaftliche Diener inne hatte, während des übrige zu der vom Baron von Kottulinsky auf kirchlichem Grunde errichteten Mühle geschlagen war. Eine spätere Nachricht in den Distelwitzer Pfarrakten besagt, daß der jedesmalige Pfarrverweser von der Grundherrschaft einen jährlichen Zins von 8 Reichstalern 10 Silbergroschen bezieht und zwar von der auf dem Pfarrwidmutsgrundstück erbauten Brettmühle. Die ca. 30 ha große Pfarrwidmut war gewöhnlich an die Gutsherrschaft verpachtet, von 1740-46 z.B. für jährlich 18 Reichstaler. - Um die Erhaltung des Kirchengebäudes, das man kassieren wollte, haben sich Pfarrer Sogol und Landrat Baron von Zedlitz verdient gemacht. 1835 fand eine gründliche Renovation der Kirche, 1859 der Pfarrwirtschaftsgebäude und ein Neubau des Pfarrhauses statt. Wann der Titel der Kirche auf SS. Trinitatis geändert worden, hat sich nicht ermitteln lassen. 1855 fanden sich auf dem die Kirche umschließenden Friedhofe noch sehr alte Grabmonumentüberreste aus Eichenholz mit unlesbaren Inschriften vor. Im Gebälk über der Sakristeitür befindet sich heut noch folgende allerdings etwas undeutliche Inschrift: In Nomine Pris (patris) Et Filii Et Spiritus Sancti Anno Domini M. Qa. c. et. cxii. (1492). Die beiden Turmglocken sind sehr alt. Die größere mit Kreisschildern und Darstellungen aus dem Leben Jesu.
Schule. 1862 begann Pfarrer Krause-Rudelsdorf die Verhandlungen zur Errichtung einer neuen katholischen Schule und erkaufte zu diesem Zwecke mit Unterstützung des Fürstbischöflichen Stuhles und des Bonifaziusvereins die Freistelle Nr. 15 für 1275 Taler. Umbau und Einrichtung erforderten noch 824 Taler. Am 3. April 1868 weihte Pfarrer Cyran die Schule und führte den Hilfslehrer Karl Jendrtzok als Lokaladjudanten ein, der 48 Kinder zu unterrichten hatte. Wegen zu geringer Dotation trat die Schule 1877 außer Wirksamkeit. Die Kinder erhielten katholischen Religionsunterricht durch den Lehrer aus Cammerau. Fürstbischöflicher Kommissar Zajadacz brachte es dahin, daß 1895 die Schule zur öffentlichen erhoben und vom 1. Juli desselben Jahres ein selbständiger Lehrer angestellt wurde, nachdem zuvor ein Umbau stattgefunden und die Besoldungsverhältnisse geregelt waren. (Gegenwärtig 37 Schüler).

Katholische Kapelle im Bade Bukowine
Infolge vielfach ausgesprochener Wünsche der das Bad Bukowine besuchenden katholischen Geistlichen und anderer katholischer Badegäste erwirkte durch Vermittlung des zuständigen Rudelsdorfer Pfarrers der Besitzer des Bades, Rittergutsbesitzer von Weger unterm 2. März 1804 vom Fürstbischöflichen General-Vikariat-Amt die Genehmigung zur Herstellung einer Kapelle. Nachdem ein dazu geeignetes Lokal vorschriftsmäßig eingerichtet und mit den notwendigen Paramenten versorgt war, erfolgte am 21. Juni desselben Jahres die feierliche Weihe der gottesdienstlichen Stätte durch Erzpriester Mosch-Bralin unter Assistenz der Pfarrer Forner-Trembatschau, Tschauner-Wartenberg und Josch-Rudelsdorf. Zur Erhöhung der Feier hatte Herr von Weger den Wartenberger katholischen Kirchenchor erbeten. Die Erlaubnis des Bischöflichen Amtes war vorläufig nur auf fünf Jahre erteilt, und wurde 1810 erneuert; doch hat diese für die katholischen Badegäste sehr wohltätige Einrichtung bei einem demnächst eingetretenen Besitzwechsel wieder aufgehört. (Pfarrarchiv Rudelsdorf).

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