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Wegen Aus- und Aufbaues des Glockenturmes erhoben sich Schwierigkeiten. Die Stadt Wartenberg machte nämlich Eigentumsansprüche auf den Glockenturm, wie auf den vor diesem liegenden St. Johannesplatz, ohne indes ihr Eigentumsrecht erweisen zu können. Um eine friedliche Regelung der leidigen Streitsache zu ermöglichen, trat man in Vergleichsverhandlungen ein, die auch zu erwünschtem Ziele führten. Unterm 17. Januar 1907 schlossen die städtischen Körperschaften mit den Vertretern der katholischen Kirche einen Vertrag, der von Staatsaufsichtswegen unterm 30. Mai und von Kirchenaufsichtswegen unterm 6. Juni 1908 bestätigt wurde. Darnach wurde der Glockenturm und der vor dem Kirchenoffiziantenhause (südwestlich der Kirchstraße) liegende Teil des Johannesplatzes als Eigentum der Kirche, der nordöstlich der Kirchstraße liegende Teil dieses Platzes aber als Eigentum der Stadt anerkannt, überdies noch ein Streifen des Kirchplatzes behufs Verbreiterung der Wallstraße an die Stadt abgetreten. Als im Frühjahr 1910 das inmitten des St. Johannesplatzes gestandene Denkmal des hl. Johannes Nepomucenus auf den Kirchplatz versetzt worden, traten die kirchlichen Körperschaften auch noch die von der Johannesstatue eingenommene Fläche unentgeltlich zum Eigentum der Stadt ab. Im August 1909 konnte mit dem Turmbau begonnen werden. Die Bauleitung hatte Köhlers Amtsnachfolger, der Königliche Kreisbauinspektor Stössel-Oels übernommen, die Ausführung war dem Baumeister Weber-Kempen übertragen. Freitag, den 24. September 1910 nachmittags 2 1/2 Uhr wurde das Turmkreuz aufgesetzt und am 10. November desselben Jahres galt der Turmbau als vollendet. Die Glocken hatte man schon im Herbst des Vorjahres aufgezogen. Am 27. November 1909 erklangen sie das erstemal vom Turme. Letzterer hat eine Höhe von 56,2 Metern. Von seiner Galerie genießt man eine prächtige Aussicht. Nachdem der Kirch- und Turmbau bisher ohne jeden Unfall vonstatten gegangen, ereignete sich am 27. Oktober 1910 beim Abrüsten leider ein schweres Unglück. Aus einem herabgelassenen Bretterbund löste sich ein Brett, das dem Handlanger Bernhard Latussek aus Groß Kosel die Schädeldecke durchschlug, so daß derselbe auf der Stelle tot liegen blieb. Im Herbst 1910 erhielt der Kirchplatz eine neue Umfriedung und auf der Nordseite desselben wurde die Marienstatue aufgestellt. Im Frühjahr 1911 wurde der Kirchplatz mit schönen gärtnerischen Anlagen versehen, welche der Prinzliche Gartendirektor Köchel in uneigennützigster Weise zur Ausführung brachte.
Die Gesamtkosten des Kirch- und Turm-Wiederherstellungsbaues belaufen sich auf nahezu 150.000 Mark. Sie werden durch den Patronatsbeitrag und den auf die Parochianen entfallenden Beitragsteil aufgebracht. Der Anteil der Parochianen wird durch Sammlung freiwilliger Gaben unter denselben zusammengebracht. Diesen freiwilligen Gaben flossen zu aus dem Nachlasse des Stadtpfarrers Kupietz 24.000 Mark, aus dem Nachlasse des Erzpriesters Dilla 30.000 Mark. Dank Unterstützung des kunstsinnigen Pfarrers haben Baurat Köhler und Kreisbauinspektor Stössel es verstanden, bei oft mühevoll gewahrter Stileinheit das altehrwürdige Gotteshaus mit seinem Glockenturm in so hübsche Bauwerke umzuschaffen, daß diese nun, schöner denn je, der ganzen Stadt zur vornehmsten Zierde gereichen.
An Kunstwerken besitzt die Kirche: eine schöne, weißsilberne, teilweis vergoldete Monstranz, nach dem Urteile Sachverständiger eine gediegene, aparte Arbeit aus dem 18. Jahrhundert; ein sehr interessantes gotisches Sakramentshäuschen aus Sandstein mit wertvollem Eisengitter in der Südwand der Marienkapelle; einen Taufstein, ebenfalls aus Sandstein mit achteckigem Becken auf geviertförmigem Fuße mit Spätrenaissancemotiven.
Grabdenkmale. 1. Das ganz vorzüglich gearbeitete Denkmal der Elisabeth von Haugwitz, eine Sandsteinplatte von 2 m Länge, 1,29 m Breite, deckte bis 1905 die im Chor unter der Staffel der Assistenzstühle befindliche Gruft. Dasselbe zeigt in Basrelief eine anmutige Frauengestalt in edler Haltung und reicher Draperie der Gewandung; zufüßen links das Haugwitzsche, rechts das Schaffgotschsche Wappen. Die an den Rändern laufende Inschrift (eine deutliche Minuskel) lautet: "Anno Mcccccii am mo-tage noch ambrosii ist vorscheide-fraw elisabet sisp gotczen vo-kinast ercztochter des edlen wolgepornen hinko haugwitz hr-n vo-biskupitz uf wart-bergk etc. etliche gemael, dergot genade." Das Denkmal hat bei der Renovation der Kirche seinen Platz in der Außenmauer der Sakristei erhalten und ist mit einem schmucken kupfernen Schutzdächlein versehen worden.
2. Das Grabmal des Freiherrn Franz Maltzan in der Südwand der Marienkapelle, aus Sandstein gearbeitet, zeichnet sich durch trefflichen Aufbau aus. Es hat eine Höhe von 2,64 m und eine Breite von 1,40 m. Die Mitte hält eine von Pilastern eingerahmte Inschrifttafel. Sie wird von einem Gebälk bekrönt, auf welchem seitlich zwei Engel lagern, den Arm auf einen Totenkopf gestützt; inmitten dieser Bekrönung ist die mütterliche Liebe sitzend dargestellt mit einem Knäblein auf dem Schoße, zwei andere umarmend, darunter die Worte: Obiit 1560 die 22. Novem. Seu vivimus seu morimur Dni-sumus. Rö. 14. Zuseiten der Pilaster stehen zwei Gewandfiguren, Hoffnung und Glaube. Die Tafelinschrift lautet:

Es liegt alhi und ruht in Got
Herr Francz Malczan welchen hat
In seinen besten Jahren zwar
Der zeitlich Thott
Benommen gar
Hat in Gott andern zugleich
Erfordert in das ewige Reich.

Vornehmer noch erscheint
3. Das Denkmal des Hans Bernhard von Maltzan, seit 1906 in der Grabkapelle platziert, bis dahin in der Ostwand der Marienkapelle, 4,80 m hoch, 2,20 m breit. Fast ganz in Sandstein gearbeitet, zeigt es im Mittelfelde die lebensgroße Figur eines Ritters. Die Bekrönung enthält das Maltzanische Wappen. Die darunter befindliche, die ganze Breite einnehmende Platte hat folgende Inschrift:

Hie Jan Bernhardi Malzana stirpe Baronis
In Chri: -Reqvie molliter ossa cvbant.
Cvltor evangelii: veri defensor et aeqvi
Transegit vitam cvm Pietate svam.

Eine zufüßen des Ritters angebrachte Tafel aus rotem Marmor hat folgende Inschrift:

"Der Wolgeborne Her Herr Hanns Bernhard Maltzan, Freiherr us Wartenberg und Penzelin Rö. Kay. May. Rath, Oberhauptmann der Fürstenthümer Oppeln und Ratibor Legat zum Kunige von Polen ist zu Lublin daselbst in Gott selig den 2. Mai 1569 Jahre entschlafen. Dem und uns Gott gnädig."

Die Denkmale der Gebrüder Maltzan entstammten jedenfalls der Werkstatt ein- und desselben Meisters (Erasmus Seiffert?) Letzteres ist 1581 errichtet.
4. Eine gußeiserne Platte, 1,76 m lang, 0,95 m breit, bis 1905 am Nordende des Kreuzgangs liegend, seitdem in die Außenmauer der Grabkapelle versetzt, trägt folgende Inschrift:

"Im Johre 1552 den 26. Octobris ist in Got verschieden der edele erenveste Gorge Ohm von Januschowiecz Hofferichter zu Wartemberg allhie begraben dem Got genedig sei: Seines Alters 93: (Wappen) G. v. M. G. H.O."

5. Eine sehr gut erhaltene Sandsteinplatte, 1,80 m lang, 0,98 m breit, erst bei der Renovation der Kirche (1905) in der Trinitatiskapelle aufgefunden, mitfolgender Inschrift: Im Jar 1567 den 20. Fe. ist in Got entschlaffen der Ernveste Hans Ghvtt Borger vnd Geshmidler zv Breslau ligt alhir begrabedenen Got vnd vns G-." (Wappen.) 1905 in die nördliche Außenwand der Grabkapelle eingemauert.
6. Eine bei der Kirchenrestauration (1905) in der Grabkapelle entdeckte 1,80 m lange, 0,90 m breite Grabplatte aus Sandstein, zeigt eine Frauenfigur in mittelalterlicher Tracht, an den vier Ecken Wappenschilder mit den Bezeichnungen 1 ») D. v. S. (aufrechtstehender Hund.) 2.) D. v. W. (schräg gestelltes Schachbrett.) 3.) D. v. H. (bekrönter Hahnenkopf.) 4.) D. v. W. (zwei Krebszangen.) Am Rande lief - was noch vorhandene Spuren beweisen - eine Inschrift (Majuskel), die aber völlig abgetreten ist, woraus zu schließen, daß diese Grabplatte einst vor einer Tür gelegen haben muß. Sie hat nun ihren Platz in der südlichen Außenmauer der Trinitatiskapelle erhalten.
7. Das Sandsteinepitaph am äußeren Mittelfeld des Chors 1,20 m hoch, 0,81 m breit. Unter dem Kruzifix kniet eine Frau mit sechs meist kleinen Kinder; die darunter befindliche Inschrifttafel ist mit Kartuschenschmuck umrahmt. Die Inschrift lautet:

"Sechs meiner lieben Kindtt
So in Christo vorschieden sind
Ruhen allhie sanfft und lindt
Bis der Jüngstetag geschwindt
Seliglich sich hertzu unsfindt
. Bernhardt Krumbhoff (Wappenschild)

8. Das Denkmal des Freien Standesherrn Prinzen Gustav Biron von Curland, eine gußeiserne 1,67 m lange, 0,91 m breite Platte mit starken Handringen an den Ecken, deckte bis 1905 den Eingang zur Gruft im nördlichen Seitenschiff und ist damals nach Kassation der Gruft in die Westwand der Grabkapelle, gegenüber dem Hans Bernhard Maltzan'schen Denkmal, gesetzt worden. Es hat folgende Inschrift in Antiqua:
(Wappen.)

Hic cineres et ossa sita sunt illustrissimi principis Gustavi Biron de Curlandia Dynastae in Silesia Wartenbergae et Bralin, potentissimo Regi Borussorum a supremis belli legatis, gubernatoris Glacensis equitis inclitorum ordinum qui ab aquila rubra a cruce ferrea a Sancta Anna et a Sancto Wladimiro nomen habent nati die XXIX Januarii 1780 denati die XX Junii 1821 viri incomparabilis vereque principis qui pietate in deum fidelitate in regem, amore in conjugem ac liberos, consilio fortitudineque in bello, comitate in omnes, clementia et liberalitate in subditos, calamitatibusque afflictos, constantia in adversis, morum, lepore litterarum bonarumque artium scientia insignis, jam his terris, praematura morte ereptus multis eben multis flebilis occidit dulceque sui ac mansurum desiderium in eorum pectore reliquit."

Dotation der Kirche und Pfarrei. Bei Aussetzung Wartenbergs zu deutschem Recht war die Pfarrkirche mit einer Widmut von zwei Hufen begabt worden. Diese Widmut ist ihr zur Zeit der Glaubensspaltung durch den Freiherrn von Maltzan entzogen worden. In der Urkunde vom 1. August 1601 bemerkt Abraham von Dohna, daß bezüglich der der Kirche legierten, von der (protestantischen) Geistlichkeit ihrem Anbringen nach aber niemals genossenen Widmut seinerseits rechtmäßiger Austrag und Resolution erfolgen solle. Diese stiftungsgemäß der Pfarrkirche gehörende Widmut gab Abraham von Dohna der Kirche auch bald heraus, behielt sie jedoch bis auf weiteres in Pacht. In dem Extrakt eines standesherrlichen Wirtschaftsurbars vom Jahre 1616 heißt es, daß "auf den zwey in Mietung zue Warttenberg gehaltenen Pfahrhuben 22 Scheffel 1 V. ausgesähetem Korn 54 Schock zugewachsen seien. Vor 1656 war die Widmut für jährlich 100 Gulden rh. an Frau Juliane von Royn verpachtet. Nachdem infolge letztwilliger Verordnung Karl Hannibals von Dohna das Gut Himmeltal mit der Schölzerei der Pfarrkirche als ein Legatum bestimmt war, wurde die bisherige Widmut mit Himmeltal vereinigt, ein Teil der Himmeltaler Aecker aber 1644 zu einer neuen Pfarrwidmut ausgesetzt. Die Uebergabe des Gutes Himmeltal an die Pfarrkirche bzw. den Stadtpfarrer als Nutznießer erfolgte erst 1660. Außer der Widmut besaß die Kirche und Pfarrei noch andere Grundstücke und Gerechtsame, welche aber in den Wirren der Glaubensneuerung des 16. Jahrhunderts nach dem Vorbilde anderer der Magistrat sich aneignete. Die noch heut bestehende Verpflichtung der Stadt zur Zahlung einer Gehaltsentschädigung an den Stadtpfarrer und die Kirchenoffizianten dürfte auf diesen Umstand zurückzuführen sein. Von verschiedenen städtischen Grundstücken, auch einigen Rittergütern des Weichbildes bezog die Kirche gewisse Zinsen, so z.B. die St. Nickels- und St. Johanniszinsen, den Zins zur Matur (zur Abhaltung eines Frühgottesdienstes) zu "Unserer lieben Frauen", auch Marienzins genannt. Letzterer ruhte auf 22 städtischen Grundstücken und wurde 1821 abgelöst. Burggraf Max Ernst von Dohna überließ 1639 der Pfarrkirche "zur Kirchenjurisdiktion mit aller Kirchenrecht, Gerechtigkeiten und Freiheiten mit gewissen Obligen zu seiner Seelen Trost und bevoraus zur Ehre Gottes" - zwei Hausgärten, den einen in der Kalischer- (jetzt Villa Martha) den andern in der Kempener Vorstadt (Hypothek Nr. 21.) Sie hießen später "Kirchvatergärten", weil sie den Kirchvätern (Vorstehern) als Entschädigung ihrer Mühewaltung überlassen waren.
Umfang der Parochie. Bis zur Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts umfaßte die Kirchengemeinde nur Stadt und Schloß Wartenberg mit den angrenzenden Ortschaften. Infolge der kirchlichen Umwälzung wurden die bisherigen Pfarrgemeinden Groß Kosel, Ottendorf bezw. Langendorf, Schleise und Niederstradam und Wartenberg vereinigt. Aufgrund des Religionsprivilegs vom Sonntag Sexagesima 1593, löste der Besitzer von Groß Woitsdorf, von Koschembar, am 4. Mai desselben Jahres die bisherige Verbindung mit der Kirche zu Langendorf und hielt sich von da ab nach Schollendorf. Durch Verfügung des Bischöflichen Amtes vom 9. Mai 1682 wurde Groß Woitsdorf der Pfarrkirche zu Wartenberg überwiesen, nachdem es früher schon mit Wartenberg vereinigt gewesen, 1680 aber wieder der Schollendorfer Kirche zugeschlagen worden war. Infolge Aufhebung des Parochialnexus durch Friedrich II. ward noch die Parochie Mangschütz der Pfarrei Wartenberg zugeschlagen. So blieb es bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seit Errichtung der Kuratie Medzibor, der Pfarrei Kunzendorf und der Seelsorgstation Märzdorf-Mangschütz gehören zur Parochie: Stadt und Schloß Wartenberg, Bischdorf, Cammerau, Groß und Klein Cosel, Himmeltal, Langendorf, Neuhof, Ottendorf, Paulschütz, Peterhof, Schleise, Weinberg, Wioske, Groß und Klein Woitsdorf.
Außer der Haupt- und Stadtpfarrkirche zu St. Peter und Paul bestanden zu Wartenberg ehemals noch vier kleinere Nebenkirchen:
1. Die Michaeliskirche zwischen der Hauptkirche und dem Glockenturm. Sie hieß auch "polnische Kirche", weil in ihr, um Kollisionen mit der deutschen Gemeinde zu vermeiden, die Gottesdienste und sonstigen kirchlichen Handlungen für die zur Stadtpfarrei gehörigen polnischen Parochianen gehalten wurden. Im Stadtbrande von 1554 war sie niedergebrannt, 1573 aber wieder aufgebaut worden. Seit 1601 befand sie sich im ausschließlichen Gebrauch der Protestanten bis 1637, da sie, abermals durch Feuer zerstört, nicht mehr aufgebaut werden durfte.
Das Patronat über die genannten beiden Stadtkirchen besaß und übte allezeit der Landesherr, bis 1489 also der Herzog, seitdem der Standesherr, niemals aber der Magistrat, wie Kurts und Königk irrig meinen. Dagegen besaß die Stadt wohl das Patronat über die drei Vorstadtkirchen.
2. Die St. Nikolai- oder Hospitalkirche in der polnischen Vorstadt, an der Kalisch-Neumittelwalder Straßenecke neben dem Hospital St. Nikolai.
3. Die Kirche St. Anna und Johannes in der Cammerauer Vorstadt auf dem Platze der sogenannten "Geduld", Hypotheken-Nr. 45.
4. Die Kirche zu "Unserer lieben Frauen" oder die Marienkirche in der deutschen Vorstadt, links an der Gabelung der Breslauer und Bahnhofstraße.
Im Berichte über die Kirchenvisitation am 12. April 1638 wird erwähnt, daß die letztgenannten drei Kirchen bei der Erstürmung und Einnahme Wartenbergs (1634) zugrunde gegangen sind. Die Besitzungen und Einkommen dieser Kirchen hat der Magistrat in der Zeit des kirchlichen Umschwungs an sich gezogen; nur der Kirchhof Unserer lieben Frauen ist bis auf die jüngste Zeit im Besitz der Pfarrkirche geblieben.
Außerhalb des städtischen Territoriums, 4 km von der Stadt entfernt, am Bischdorfer Wege, liegt das wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammende Wallfahrts- und Begräbniskirchlein St. Markus. Der Sage nach soll es bei einer Pest infolge eines Gelöbnisses von unseren frommen Vorfahren errichtet worden sein. Das auf uns gekommene Gebäude ist ein Schrotholzbau vom Jahre 1622, mit eingezogenem nach drei Seiten des Achtecks geschlossenem Chore. Der Dachreiter stammt aus dem 18. Jahrhundert. Das Glöcklein darin trägt die Jahrzahl 1599 mit der Umschrift: "Gottes Segen macht reich." Als Abrahm von Dohna sein Gut Cammerau 1596 an Barthel von Studnitz und Geroltschütz verkaufte, behielt er sich "das Markuskirchlein nebst dem Kirchhofe und dem an der Straßen belegenen Schatzberge" vor. Im Kirchlein befindet sich ein spätestmittelalterlicher Altarschrein, ein Holzrelief - Marie mit dem Jesuskinde - aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und ein an Ketten hängendes Holzepitaph für die Kinder des Landeshauptmanns Balthasar von Burwitz auf Cammerau aus dem 17. Jahrhundert. Einer von Karl Hannibal von Dohna herrührenden Bestimmung gemäß kommen am Sonntag nach dem 25. April die Katholiken der Parochien Standesherrlichen Patronats prozessionaliter zum Fest; aber auch Wallfahrer aus anderen Parochien, selbst aus dem Posenschen finden sich recht zahlreich ein. Sonst wird daselbst nur bei feierlichen Begräbnissen Gottesdienst gehalten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geriet das Kirchlein in Verfall sozwar, das 1835 das Markusfest nicht gefeiert werden konnte; durch Sammlungen wurden die Mittel zu einer notdürftigen Instandsetzung aufgebracht. 1848 wurde das Kirchlein gründlich renoviert.
Friedhöfe befanden sich bei jeder der genannten Kirchen. Der älteste war der um die Pfarrkirche Peter und Paul belegene, auf welchem aber seit Oktober 1803 nicht mehr begraben wird. Der vor dem polnischen Tor belegene St. Nikolaikirchhof wird 1666 als evangelischer Kirchhof bezeichnet, galt zuletzt aber als Simultanfriedhof bis 1837, wo er geschlossen wurde, nachdem der gegenwärtige Kommunalbegräbnisplatz errichtet war. Als nach der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz russische Truppen hier durchzogen, errichteten sie 1806 auf dem Grundstück dem Adelenstift gegenüber (zwischen Bahnhof- und Himmeltaler Straße) ein Lazarett. Die darin am Typhus verstorbenen Russen wurden auf dem Kirchhof zu Unserer lieben Frauen begraben. Seitdem ward letzterer "Russenkirchhof" genannt. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ist ein Teil dieses Kirchhofes gegen Abtretung eines Stückes Cammerauer Dominialackers behufs Vergrößerung des St. Markuskirchhofes von der Standesherrschaft eingetauscht worden, und als später sich die Notwendigkeit einer abermaligen Vergrößerung des St. Markuskirchhofes ergab, trat der katholische Kirchenvorstand 1889 das nur noch 10 a 70 qm große Reststück des Russenkirchhofes gegen ein weiteres Stück Cammerauer Dominialackers zum Eigentum der Standesherrschaft ab. Auf dem St. Markuskirchhofe, welcher eigentlich nur für Cammerau, Ober und Mittel Langendorf, Neuhof und Klein Woitsdorf bestimmt ist, werden indes auch Städter begraben.

Geistlichkeit. Die Seelsorge in der Pfarrgemeinde übt von jeher der Pfarrer mit seinen Hilfsgeistlichen. Die Zahl der letzteren (Altaristen, Vikare, Kapläne) in der Zeit vor der Glaubensspaltung ist nicht festzustellen, doch ist als sicher anzunehmen, daß der Hilfsgeistlichen mehrere waren. Die "Dokumente über das Wachstum der Kirche" und namentlich über die "Altarstiftungen" hat bei der kirchlichen Neuerung der Magistrat an sich genommen. Um 1650 noch waren 24 diesbezügliche Pergamenturkunden vorhanden, welche der Magistrat hinter sich hielt und deren Herausgabe er hartnäckig verweigerte.
Seit Beendigung des dreißigjährigen Krieges standen dem Pfarrer gewöhnlich zwei Kapläne zur Seite, von denen jeder bis 1813 auf dem heutigen St. Johannisplatze sein besonderes Häuschen nebst Gärtchen besaß. Zeitweise war nur ein Kaplan angestellt. In Bedürfnisfällen halfen Ordensgeistliche aus Namslau und Schildberg aus. Seit Errichtung der Pfarrei Kunzendorf und Wiederbesetzung der alten Pfarrei Mangschütz mit einem eigenen Seelsorger genügt für Wartenberg ein Kaplan.
Die Stadtpfarrer. Aus der Zeit vor der Glaubensspaltung sind uns nur wenige Pfarrer dem Namen nach bekannt geworden. Die Bistumsurkunde vom 10. August 1287 nennt uns den Pfarrer Johannes mit dem Bemerken, daß derselbe in dem Streite des Herzogs Heinrich IV. mit Bischof Thomas II. auf Seiten des ersteren gestanden habe. In einer Urkunde vom 26. Juli 1295 (Original im Breslauer Domarchiv) tritt Pfarrer Konrad von Wartenberg als Zeuge auf. Pfarrer Johannes wird in Urkunden von 1337, 29. Januar und vom 3. April 1351 genannt. (Kgl. St.-U.) Pfarrer Thomas Weigmann von Wartenberg ist 1523 Testamentsvollstrecker des Stephan Unolt, Pfarrers von Bralin. (Neißer L.-B.)
Seit 1601, da die Pfarrkirche St. Peter und Paul wieder dem katholischen Kult zurückgegeben worden, wirkten an derselben folgende Pfarrer:
1. Georg Modler von 1601-09, vorher Burggräflicher Schloßkaplan, ein geborener Breslauer, fiel von der katholischen Kirche ab, erklärte sich evangelisch, und nahm das mit dem Diakonat zu Bernstadt verbundene Pastorat zu Buchwald an.
2. Wenzel Altwasser (1609-11) aus Oels gebürtig, apostasierte ebenfalls.
3. Johannes Walter (1611-27).
4. Augustin Soccolovius (1627-31). Unter ihm wurden 1630 neue Kirchenbücher angelegt und in der Woche vom 11.- 18. August 1630 durch Patres S. J. eine Volksmission gehalten. - Augustin Soccolovius (eigentlich Sokolowski) war ein gelehrter Theologe, der sich auch auf literarischem Gebiete einen Namen gemacht. Im Jahre 1628 erschien von ihm eine apologetische Schrift unter dem Titel "Zehen Gründliche Ursachen, warumb sich ein Rechtschaffener Christ des Wörtleins Römisch-Cotholisch nicht schämen, sondern sich einen Römischen Christen nennen und bekennen soll." (Gedruckt zu Neiße bei Johann Schubert), welche Schrift großes Aufsehen erregte. Fünf Jahre später trat ihm M. Sebastian Frank, Alumnatsinspektor zu Schleusingen mit seinem "Anti-Soccolovius" (Schleusingen bei Thoma Marckart 1633) entgegen.
5. Martin Brunswitz (1632-33). Am 1. Januar 1632 urkundet Burggraf Karl Hannibal von Dohna, daß er den Wohlehrwürdigen und Hochgelehrten Herrn Martino Brunswitzio in dero freye Herrschaft und Hauptkirchen St. Petri und Pauli in der Stadt Wartenberg zum Obern deutschen Pfarr und Superintendenten über alle Priester in der ganzen Herrschaft ordentlichen vocieren und präsentieren lassen. Zum jährlichen Salar sichert er ihm neben freier Wohnung 300 Fl. rh., freien Tisch oder dafür 100 Gulden Rh. und 20 Fl. Holzgeld zu. Ende September 1633 wurde Brunswitz vom protestantischen Direktorium vertrieben, die Pfarrstelle wieder von einem protestantischen Geistlichen besetzt, alles katholische Leben erstickt. Brunswitz erhielt die Pfarrei Ottmachau.
6. Johannes Melde (1636-37) ein sehr gelehrter Priester, welchen Burggraf Max Ernst von Dohna bald bei seinem Regierungsantritte zum katholischen Stadtpfarrer präsentierte, erfreute sich des besonderen Wohlwollens seines Patrons. Um allen ärgernissen, die bei der schlimmen Lage der kirchlichen und pfarrlichen Verhältnisse unvermeidlich waren, aus dem Wege zu gehen, verzichtete er bald auf das Benefizium und übernahm die Pfarrei Trembatschau, wo er am 28. August 1666 starb.
7. Jakob von Althoff (1637-56) ein geborener Preuße, zugleich Erzpriester, später auch Kanonikus von Oppeln, durch Max Ernst von Dohna am 29. Oktober 1637 zum Pfarrer präsentiert, am 7. November von Bischof Karl Ferdinand, Prinzen von Polen und Schweden, investiert, am 29. November 1637 durch Erzpriester Johann Christoph Reisner, Pfarrer von St. Nikolai in Breslau, installiert, war einer der tüchtigsten, tatkräftigsten Pfarrer Wartenbergs. Sein ganzes Wartenberger Leben bestand in nichts anderem, als in ärger, Kampf und Not. Ihm war die Aufgabe gestellt, Ordnung in die völlig verworrenen, kirchlichen Verhältnisse zu bringen, den Umfang der Parochialgerechtsame zu ermitteln, dieselben zu verfechten und was verloren gegangen, wiederzugewinnen. Von Althoff versuchte es zunächst mit Güte und Milde, mußte aber bald einsehen, daß er auf diese Weise nichts erreiche. Abgesehen von der furchtbaren Geißel des Krieges, die er schmerzlicher als jeder andere hier empfinden mußte, bereiteten ihm seine zum weitaus größten Teil protestantischen Parochianen, voll Ingrimm über den Verlust ihrer Prediger, die bittersten Kränkungen, namentlich aber machte ihm der protestantische Magistrat, welcher - wie schon bekannt - verschiedene kirchliche Nutzungen und Gerechtsame an sich gezogen, die größten Schwierigkeiten; ja selbst der katholische, allerdings durch die Kriegsnöte hart bedrängte Kirchenpatron ließ ihn im Stich. Dieser hatte ihm ein jährliches Sustentationsgeld von 452 Rtl. ausgesetzt, man zahlte ihm aber wöchentlich nur 2 Fl. rh., die kaum zum Unterhalt des Kaplans hinreichten. Alle Beschwerden und Klagen des Pfarrers waren erfolglos. Seine Lage verschlimmerte sich mehr und mehr, ein wahres Labyrinth von Uebeln war entstanden. Eine auf Bitten des Pfarrers vom Bischof ernannte Kommission sollte die Schwierigkeiten beseitigen und die Uebel heilen helfen; unter allerlei Vorwänden suchte man derselben zu entgehen. Als alle Mittel versagten, griff der Bischof zum schärfsten, das ihm zugebote stand; zur Exkommunikation, die er unterm 28. September 1653 tatsächlich gegen die Vormünder der Dohnaschen Minorennen, sowie alle interessierten Stände von Stadt und Land dekretierte und demnächst bekannt machen ließ. Man zeigte sich nun zu Unterhandlungen bereit. Um so schnell als möglich von der schimpflichen kirchlichen Strafe gelöst zu werden, rief man die Hilfe des Kaisers an. Infolge Allerhöchster Vermittelung hob der Bischof die Exkommunikation auf. Pfarrer von Althoff hatte schon 1653 Wartenberg verlassen und die vom Bischof ihm anvertraute, gut dotierte Pfarrei Kreuzendorf-Michelsdorf übernommen, während die Verwaltung der Pfarrei Wartenberg vertretungsweise einem Vikar übergeben war. Nachdem endlich am 10. September 1656 eine Vereinbarung zustande gekommen, resignierte von Althoff die Pfarrei Wartenberg Martini desselben Jahres. Gedrückt von der Last des Alters, gebrochen an Geist und Körper, legte er Anfang des nächsten Jahres auch das Pfarramt Kreuzendorf-Michelsdorf nieder und zog sich zu seinem Stiefbruder Georg Eustachius von Cronfeldt, Besitzer von Falkenau bei Grottkau zurück. Dort lebte er noch im März 1659; am 16. August desselben Jahres starb er zu Neustadt O./S. Von Althoff war bei seinem Tode bezüglich seiner Forderungen noch nicht befriedigt. Sein testamentarischer Erbe von Cronfeldt liquidierte allein von der Standesherrschaft den Restbetrag von 11.984 Rtl. 9 Groschen. Wie hoch sich die Restschuld der Stadt belief, hat sich nicht ermitteln lassen, sie muß aber beträchtlich gewesen sein, denn die jährlichen Abzahlungen fielen, wie Magistrat wiederholt sich beklagt, der Kommunalkasse sehr beschwerlich und noch 1680 wurden sie entrichtet. Wenn es dem Pfarrer von Althoff auch nicht gelungen ist, den ganzen ehemaligen Besitz der Kirche und ihrer Gerechtsame wiederzuerlangen, so hat er doch mit Aufwendung aller seiner Kräfte und all seines Eifers manches erstritten. Es ist sein vornehmstes Verdienst, die Pfarrwidmut mit dem der Kirche legierten Gut Himmeltal, die schon für verloren galten, gerettet zu haben. In Althoffs Zeit fällt auch eine andere Besitzerwerbung. Gregor Klodzik in Otto Langendorf überließ laut burggräflicher Amtskonfirmation vom 21. August 1648 sein Bauergut daselbst der Stadtpfarrkirche zu St. Peter und Paul zu Groß Wartenberg mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten etc. Wann und auf welche Weise die Kirche um diesen Besitz gekommen, war nicht zu ermitteln.
Welch trauriger Art die damaligen kirchlichen Verhältnisse hier waren, erklärt am besten wohl der Umstand, daß niemand sich um das erledigte Pfarrbenefizium bewarb, und wiederholte Angebote des Patronats abgelehnt wurden. Unter Verzichtleistung auf die Präsentation überließ deshalb das Patronat für diesmal die Besetzung des Pfarramts ganz der bischöflichen Behörde.
8. Matthias Rupertus Krzyianowski (1657-61), der Theologie und beider Rechte Doktor, zugleich Erzpriester. Auch dieser Pfarrer hatte mit vielen Widerwärtigkeiten zu kämpfen. Unter ihm wurde am 18. Oktober 1660 das von Karl Hannibal von Dohna der Pfarrkirche legierte Gut Himmeltal seitens der Dohnaschen Vormundschaft eingeräumt, worüber er unter gleichem Datum Bescheinigung ausstellte. Er fand auch als Erzpriester viele und schwere Arbeit und stand mit seinem weisen Rate besonders den Seelsorgern der erst kürzlich reduzierten Parochien treulich zur Seite. Am 29. November 1661 wird er als hier verstorben erwähnt.
9. Bartholomäus Godefried Tichy (1662-69), Erzpriester. Er war zu Rosenberg O.S. geboren und am 27. September 1654 durch Weihbischof Balthasar Liesch von Hornau in Neiße zum Priester geweiht, ein frommer, eifriger Seelenhirt, der sich namentlich um den inneren Aufbau seiner Gemeinde sehr bemühte, dabei aber auch, wie seine Vorgänger, die Ordnung der äußeren kirchlichen Angelegenheiten förderte, was ihm bei der General-Kirchenvisitation 1666 auch bezüglich der übrigen Parochien seines Archipresbyterats zur besonderen Pflicht gemacht wurde und umsomehr notwendig war, als "in dieser Herrschaft alles drüber und drunter ging". 1665 konnte nach mehr als 100 Jahren zum erstenmal wieder das Fronleichnamsfest mit öffentlicher theophorischer Prozession in der Stadt gefeiert werden. 1667 wurden die Himmeltaler Pfarrwidmutsgebäude neu gebaut. Als Tichy 1669 starb, ward sein Nachfolger der bisherige Pfarrer von Trembatschau:
10. Johannes Ferdinand Bestling (1669-80), Erzpriester. Wie sein Vorgänger zu Rosenberg geboren, studierte er Philosophie und Theologie wahrscheinlich zu Olmütz, wo er die niederen Weihen empfing; die höheren Weihen erhielt er zu Prag 1661, war demnächst 2 1/2 Jahr Kaplan in Wartenberg, darauf seit September 1664 Pfarrer in Bralin, nach 2 Jahren Pfarrer in Trembatschau; durch den Burggrafen Dohna für Wartenberg präsentiert, erhielt er am 24. Juli 1669 von Bischof Sebastian von Rostock die Investitur und trat am 6. August desselben Jahres sein hiesiges Pfarramt an. Der notwendig gewordene, von Bestling 1678 beantragte Bau eines neuen Pfarrhauses stieß auf große Schwierigkeiten. Am 6. September 1680 beklagte sich der Erzpriester, daß er "wegen der schrecklichen, ungesunden Wohnung ganz krank geworden"; vierzehn Tage nach Michaelis wollte er eine Mietswohnung beziehen, starb aber vorher am 3. Oktober 1680. Burggraf von Dohna präsentierte den Pfarrer von Sachwitz-Gnichwitz, ehemaligen deutschen Kaplan von Wartenberg, Johann Karl Vogt. Derselbe erhielt nicht die bischöfliche Investitur und resignierte "da er als noch zu jung und der polnischen Sprache unkundig für das Wartenberger Pfarramt nicht völlig geeignet erfunden worden".
11. Michael Franz Schael (1681-1706) aus Frankenstein gebürtig, studierte zu Olmütz und Prag, wurde in der Breslauer Kathedrale am 8. März 1664 zum Priester geweiht, war seit 1672 Vikar an der Domkirche zu Breslau, Kuratus ad St. Egidium, Pönitentiar bei der Kathedrale, zeitweis auch Domprediger. Als Pfarrer und Erzpriester von Wartenberg brachte er es endlich 1687 zum Neubau des Pfarrhauses.
12. Karl Jakob von Rhetz (1706-38), Erzpriester. 1674 zu Schalscha geboren, entstammte einer gemischten Ehe, studierte kanonisches Recht und Theologie, wurde 1700 zum Priester geweiht, ein gelehrter Herr, eifervoller Seelenhirt, energischer Verteidiger des Rechts, dabei von seinen, gewinnenden Umgangsformen, stand besonders bei dem Burggrafen Alexander Dohna-Schlobitten in hoher Gunst. Unter von Rhetz wurde 1724/25 auf Kosten der Kirchkasse eine bedeutendere Renovation des Glockenturms, 1728 ein Neubau der Himmeltaler Widmutsgebäude ausgeführt. 1733 erfolgte auf sein Betreiben die Errichtung der Statue des hl. Johannes Nepomucenus auf dem nach diesem Heiligen benannten Platze und am 16. Mai desselben Jahres deren feierliche Benediktion unter Teilnahme der gesamten Bürgerschaft und der hiesigen Garnison. Darauf bezieht sich das im Postament befindliche Chronogramm:

HonorI
san CtI IoanniIs
NepoMVCenI
De Vota pos VIt
VVartenberga.


In der Pfarrkirche entstanden durch Erzpriester von Rhetz zwei neue Altäre, der St. Johannes- und der St. Karl Borromäus-A1tar. 1734 vermehrte er die vom Bischof Sebastian von Rostock errichtete Studienstiftung für adlige Jünglinge um 2.000 Gulden. Von Rhetz erkrankte und verließ 1737 die Pfarrei; niemand wußte, wohin er sich begeben. Die Citation der Geistlichen Behörde war erfolglos und erklärte diese unterm 17. Februar 1738 das Benefizium für erledigt. Nach dem Totenzettel der Marianisehen Sodalität, deren Mitglied er war, starb von Rhetz im Juni 1738.

13. Johannes Gavron (1738-39), Erzpriester. Er war am 18. Dezember 1728 zum Priester geweiht, wirkte vom November 1733 bis April 1737 als Kaplan in Wartenberg, wurde darauf Kuratus in Minken. Dem Herzog Ernst Johann Biron von Curland "als eines friedliebenden, verträglichen Gemüths" angerühmt, ward er d. d. Petersburg 4./15. April 1738 zum Pfarrer von Wartenberg präsentiert. Am 1. August 1738 trat er das hiesige Pfarramt an, das er mit hingebender Hirtentreue verwaltete. Als bei der Fronleichnamsfeier des Jahres 1739 Uebelwollende in böswilliger Absicht durch öffentliche Verhöhnung der katholischen Gottesverehrung (deren Einzelheiten hier lieber verschwiegen werden sollen), alle katholischen Gemüter aufs tiefste verletzten, empfand der mildgesinnte Pfarrer, der ungern nur den Klageweg betreten mußte, das so schmerzlich, daß er schwer erkrankte und kurz darauf, am 25. August 1739, erst 40 Jahre alt, starb. Im Kreuzgang der Kirche, unweit der Kanzel, liegt er begraben.
14. Franz Anton Jalovi (1739-50), Erzpriester. Er war zu Trembatschau als Sohn des Herrschaftlichen Gutsverwalters Jakob Jalovi und dessen Ehefrau Theresia Barbara am 23. Juni 1708 geboren. Nach vollbrachten Studien am 11. März 1731 eum. disp. super aetate durch Bischof Graf Schaffgotsch zum Priester geweiht, war er zunächst Kaplan zu Ohlau, dann Pfarrer von Kaulwitz. Von Herzog ErnstJohann Biron von Curland d. d. Petersburg 9./20. Oktober 1739 dem Standesherrlichen Generalbevollmächtigten ("weilen Ihr von seiner friedliebenden Aufführung versichert seyd") zur Präsentation denomieret, begann er seine hiesige pfarramtliche Wirksamkeit an Weihnachten desselben Jahres. Die beiden ersten schlesischen Kriege und die Sequestration der Standesherrschaft waren nicht ohne schädigenden Einfluß auf die pfarrlichen Verhältnisse geblieben. Zur Erlangung eines Rückstandes bei der Standesherrlichen Rentkasse -mußte er die Hilfe der Königlichen Kriegs- und Domänenkammer anrufen und wegen ihm verweigerter Hebungen aus der Stadtkasse sah er sich gezwungen, einen langwierigen Prozeß zu führen. Er errang zwar ein obsiegendes Urteil, beklagte es aber tief, "wegen daraus entstehenden Kränkungen und Sorgen seinem geistlichen Amte nicht in Ruhe und Frieden, welches doch sein sehnlichstes Verlangen, vorstehen zu können." Jalovi starb am 11. September 1750 und wurde in der Pfarrkirche bestattet. Oberkaplan Georg Bierner wurde Administrator.
15. Franz Mathäus Scholz (1751-86), Erzpriester. Er war am 17. September 1723 zu Ratibor als der Sohn des Bäckermeisters Jakob Scholz und dessen Ehefrau Anna Drodowski geboren, am 21. August 1746 in der Breslauer Kathedrale zum Priester geweiht und bekleidete darauf fünf Jahre lang die Stelle eines Hofmeisters beim Königlichen Oberamts-Regierungsrat Grafen von Matuschka. Nachdem er am Allerheiligenfeste 1750 hier gepredigt und der Gemeinde "sehr gut" gefallen, ward er am 30. November desselben Jahres "voziert" und am 30. Dezember Allerhöchst bestätigt. Am 30. Januar 1751 trat er das hiesige Pfarramt an. Seit Ostern 1752 bekleidete er die Würde eines Kanonikus zu Oberglogau. Unterstützt durch den frommen Ratmann Gottfried Joseph von Weegen, errichtete Scholz unterm 12. September 1756, am Fest des Namens Mariae, die Erzbruderschaft des heiligen Rosenkranzes und wurde seitdem das Rosenkranzfest cum indulg. gefeiert. Eine Zeitlang war Scholz auch Verweser des Archipresbyterats Militsch. Er erfreute sich allgemeiner Beliebtheit und starb, nachdem er 35 ' Jahr ruhmvoll der Parochie und dem Archipresbyterat vorgestanden, vom Schlage getroffen, am Abende des 12. Juli 1786. Im Mittelgang der Kirche, zwischen den ersten Pfeilern vom Hochaltar aus, liegt er begraben. Der Act. circ. Pfarrer MoritzTrembatschau wurde zum Administrator ernannt.
16. Johann Ignaz Libor (1786-1804), Erzpriester. Geboren am 20. Dezember 1754 zu Kreuzenort bei Ratibor als der Sohn des dortigen Dekonomie-Inspektors Anton Franz Libor, trat er nach vollbrachten Studien am 4. November 1776 ins Alumnat zu Breslau und wurde am 15. März 1778 zum Priestergeweiht. Seine erste Anstellung fand er als Kaplan in Frauenwaldau, wurde 1780 Pfarrer von Rudelsdorf-Schollendorf-Ober Stradam, 1783 Pfarrer von Bralin und erhielt am 12. August 1786 die Präsente für Wartenberg. Seine außerordentliche Tüchtigkeit und Geschäftsgewandheit trugen ihm hohe Würden und Aemter ein. Unterm 11. Dezember 1796 wurde er vom Fürstbischof zum bischöflichen Kommissar des südpreußischen Anteils ernannt; 1799 wurde er Bistums-Sekretär, Doktor der Theologie, Kanonikus zum heiligen Kreuz in Breslau, Fürstbischöflicher Konsistorial- und Schulrat, Assessor bei der Königlichen Schulendirektion und Bischöflichen Schulenkommission und nahm als solcher seinen Wohnsitz in Breslau, 1803 erhielt er auch ein Kanonikat zu Glogau. Große Verdienste erwarb Dr. Libor sich um Verbesserung des Schulwesens. Er ist als der eigentliche Urheber des katholischen Schulreglements vom 18. Mai 1801 anzusehen. Schon 1798 hatte er eine Abhandlung über Verbesserung der katholischen Landschulen ausgearbeitet und dadurch die ganz vorzügliche Aufmerksamkeit der Behörden auf sich gelenkt. (Vergleiche "die Einrichtung des katholischen Volksschulwesens Schlesiens aufgrund des Reglements vom 18. Mai 1801, dargestellt von HauptlehrerFranzkowski-Groß Wartenberg" in der katholischen Schulzeitung für Norddeutschland 18. Jahrgang 1901, Nr. 16, 17, 18). Weniger glücklich, ja wohl nachteilig war sein Verhalten, wo es sich um Wahrnehmung kirchlicher bezw. pfarrlicher Gerechtsame und Erhaltung kirchlicher Vermögensobjekte handelte. Schon als Pfarrer von Rudelsdorf etc. zeigte er sich in dieser Hinsicht sehr gleichgültig, insonderheit bezüglich des langjährigen Ober Stradamer Widmutsstreites, auch dann noch, als das Bischöfliche Generalvikariatamt (da eine gütliche Einigung nicht zustande kam) auf gerichtliche Entscheidung drang. Er strengte den Prozeß nicht an, ließ der Sache ihren alten Gang, veranlaßte aber später seinen Rudelsdorfer Amtsnachfolger zur Vererbpachtung der Ober Stradamer Pfarrwidmut. Als Stadtpfarrer von Wartenberg vererbpachtete er in seinem "Erbpachtfieber":

1 . Am 5. Juni 1789 das Kirchengut Himmeltal nebst der Wiese auf der Jaroscherei, der Kirchhube, die Sendelei genannt und deren beiden Gärten samt dem Hause am Cammerauer Wege und dem an der Breslauer Straße bei Neuhof belegenen Schüttboden, über dies die sogenannte Kirchvaterwiese mit allen Rechten und Gerechtigkeiten an den Königlichen Hofrat Max und dessen Gattin Maria Charlotte Kausch gegen die einmalige, an das Kirchenärar zu zahlende Ueberlassungssumme von 3.287 Reichstalem 11 Silbergroschen 3 3/5 Pfennig und einen jährlichen Kanon von 100 Reichstalern.

2. Am 19. April 1791 den Kirchvatergarten in der Kalischer Vorstadt (jetzt Villa Martha) an den Ratmann Emmrich für 37 Reichstaler 4 Silbergroschen.

3. Am 23. Januar 1793 den Kirchvatergarten in der polnischen Vorstadt an den Schmied Wenzel für 45 Reichstaler 12 Silbergroschen.

Die Stadtpfarrkirche behielt sich über die vererbpachteten Grundstücke das Dominium directum, bezüglich des Ritterguts Himmeltal auch das Vorkaufsrecht vor, was alles später nebst dem Kanon abgelöst wurde.
Als Dr. Libor 1799 seinen Wohnsitz in Breslau nahm, wurde in Wartenberg ein Administrator angesetzt. Am 2. September 1804 resignierte Libor auf hiesige Pfarrei und übernahm die Pfarrei Patschkau, wo er am 5. Februar 1820 starb.
17. Joseph Tschauner (1804-12), geboren 16. März 1769 zu Oberglogau, Priester seit 3 1. August 1793, Cooperator in Friedersdorf, dann Slawikau, Groß Dubensko, Lahna, Kaplan in Freyhan, seit März 1798 in Wartenberg, Neujahr 1800 Administrator, d. d. London 26. November 1804 vom Prinzen Gustav Biron zum Stadtpfarrer benominiert, seit Johannis 1806 auch Erzpriester und Kreisschulinspektor, ein stiller, beständig kränkelnderHerr. Die schwere, unglückliche Zeit, welche über das Vaterland kam, verlangte auch vom Pfarrer große Opfer. Allein an Krieaskosten hatte er 418 Reichstaler 21 Silbergroschen 3 Pfennig zu zahlen. Am 28. September 1812 erlöste ihn der Tod von seinen Leiden. Seine Ruhestätte fand er neben Kanonikus Scholtz. Er war der letzte Pfarrer, welcher in der Kirche begraben wurde.
18. Andreas Juraschek (1813-44), zu Lubetzko Kreis Lublinitz als Lehrerssohn am 8. September 1781 geboren, studierte zu Breslau, trat 29. Oktober 1802 ins Alumnat, erhielt am 22. September 1804 die Priesterweihe, wurde Oktober 1804 Kaplan hierselbst, nach Tschauners Tode Administrator und Neujahr 1813 wirklicher Pfarrer. Ein jovialer, geistreicher, witziger Herr, deshalb sehr gern gesehener Gesellschafter, der - leider! - der Würde und Heiligkeit seines Standes und Berufes sich nicht immer bewußt blieb, seine seelsorglichen und pfarramtlichen Pflichten arg vernachläßigte und dadurch viel Unheil anrichtete. Die große Not, in welche Pfarrer und Gemeinde durch den Stadtbrand von 1813 gerieten, entschuldigt ihn keineswegs; dieselbe hätte ihn im Gegenteil zu umso größerer Achtsamkeit und Fürsorge mahnen sollen. Seine unverantwortliche Nachläßigkeit und Gleichgültigkeit brachten es dahin, daß der Kirchenpatron darauf dringen mußte, ihm die Verwaltung des Kirchen- und Pfarrvermögens zu entziehen, was denn auch durch Verfügung des Bistums-Kapitular-Vikariat-Amtes vom 25. Oktober 1821 zur Ausführung kam. Es wurde ein Administrator bestellt, Pfarrer Juraschek dagegen auf das Gehalt eines Kaplans gesetzt. Zur Beurteilung seines kirchlichen Standpunktes genügt es zu wissen, daß Juraschek ein notorischer Freimarer war. Er starb als Eridarius den 29. August 1844 am Stickfluß und wurde bei St. Markus beerdigt.
Die Neubesetzung der Pfarrei stieß auf große Schwierigkeiten. Ein tüchtiger, der schweren, ihn ' erwartenden Arbeit gewachsener Pfarrer tat not. Der Patron, der mit der Vergebung des Benefiziums lange zögerte, verlieh dasselbe endlich - nachdem die Bischöfliche Behörde ihn aufmerksam gemacht, daß die Besetzung sonst nach dem
Devolutionsrecht dem Bischöflichen Stuhle anheimfalle - unterm 20. Mai 1845 dem Kaplan Augustin Bertzik in Kreuzendorf. Dieser, über die kirchlichen und pfarrlichen Verhältnisse informiert, verzichtete am 20. Juni und zwar hauptsächlich deshalb, weil er im Zweifel war, ob er für Verwaltung "einer so verwahrlosten und weitschichtigen Parochie, wie die zu Wartenberg es sei", die Tüchtigkeit besitze. Auch Pfarrer Reimann-Bodzanowitz, dem das Benefizium angetrogen wurde, lehnte ab. Unterm 31. Au-ust 1845 überließ das Patronat "nachdem die Angelegenheit schon so viele Anstöße gefunden" die Besetzung dem Bischöflichen Stuhle. Auf Empfehlung des Fürstbischofs, Kardinal Melchior Freiherrn von Diepenbrock, verlieh der Patron d. d. Wartenberg 28. Oktober 1845 das Benefizium dem Pfarrer von Kaulwitz.
19. Ignaz Kupietz (Kupiec), 1845-76. Er wurde am 2 1. Oktober 1815 zu Czemice bei Krakau als der Sohn des Braumeisters Jakob Kupietz und dessen Ehefrau Theresia geb. Dembinska geboren. Als kleines Kind kam er nach Münchwitz, wo die Eltern das väterliche Erbgut übernahmen. Damit er Deutsch lerne, gaben sie den Kleinen zu Verwandten nach Kunersdorf Kreis Oels. Hierauf besuchte er das St. Matthiasgymnasium zu Breslau, das er mit vorzüglichen Zeugnissen verließ, studierte daselbst Theologie, trat 29. November 1838 ins Alumnat und erhielt am 25. August 1839 die Priesterweihe. Unterm 17. September 1839 als Kaplan in Namslau angestellt, wurde er dort unmittelbarer Nachfolger Hermann Gleichs, des nachmaligen Weihbischofs, mit dem ihn innige Freundschaft verband; Juni 1842 ging er als Pfarrer nach Kaulwitz. Am 30. Dezember 1845 zog er, feierlich empfangen, in Wartenberg an; den 6. Juni 1846 wurde er investiert. - Mit Mut und Gottvertrauen nahm er die Arbeit auf. Was er anfaßte, war allerdings faul, aber er verzagte nicht. Es ist erstaunlich, was er schon in den ersten Jahren geleistet; die Akten geben davon das beste Zeugnis. Freilich sind ihm dabei Verdruß, Kränkungen und Verkennung nicht erspart geblieben; unentwegt jedoch verfolgte er sein Ziel. Das im argen liegende kirchliche Leben suchte er zu wecken und zu heben. Fromme Vereinigungen und Andachten, die ehemals geblüht bezw. geübt worden waren, wie die Rosenkranzbruderschaft und die Kreuzwegandacht erneuerte er; die Mäßigkeits- und St. Michaelisbruderschaft, der St. Bonifazius-, St. Borromäus-, St. Vinzenz-, Kindheit-Jesu-Verein und die Maiandacht wurden eingeführt. Die Altäre und die Kanzel der Pfarrkirche wurden neu staffiert, der Fußboden anstelle des Ziegelpflasters mit Marmorfließen belegt, ein neuer schöner Kreuzweg beschafft u., der Markuskirchhof erweitert, die Markuskirche und die Kirchen zu Groß Cosel und Märzdorf renoviert. In Schleise, wo die alte Holzkirche wegen Baufälligkeit polizeilich geschlossen wurde, brachte er es zum Neubau. Viel beschäftigte ihn auch die Erbauung einer Kirche und die Wiedereinsetzung eines eigenen Seelsorgers zu Mangschütz. Sein hervorragendstes Werk bleibt die Errichtung der Pfarrei Kunzendorf, wobei er namentlich auf die benachbarte Diaspora rücksichtigte. - Ganz besondere Fürsorge wandte er dem Schulwesen zu.
Unter vielen persönlichen Opfern sind durch ihn die Schulen zu Märzdorf, Mangschütz, Otto Langendorf und Cammerau neu gegründet worden, in Nieder Stradam unterhielt er eine sogenannte Laufschule. Der Wartenberger Stadtschule gab er eine bessere Verfassung und brachte es zum Bau eines neuen Schulhauses. Wegen seiner großen Verdienste um das Schulwesen erntete er den Dank und die Anerkennung der weltlichen als auch der geistlichen Behörde und man ehrte ihn durch die Ernennung zum Kreisschulinspektor (9. Februar 1861). Unter der Last der Arbeit hatte die Gesundheit des Pfarrers gelitten. Zur Kräftigung derselben sah er sich genötigt, im Jahre 1858 einen längeren Urlaub zu nehmen, um nach dem Süden zu gehen. Bei dieser Gelegenheit besuchte er auch Rom, Neapel, Marseille, Lyon u. 1860 machte er eine Kur in Gastein. Seine frühere Kraft kehrte nicht mehr wieder; er kränkelte beständig; ein Halsleiden verursachte ihm viel Beschwerden. - Der im Anfang der siebziger Jahre ausgebrochene kirchenpolitische Streit vereitelte die Ausführung noch manche seiner Pläne. Viel zu schaffen machte dem Pfarrer das Dezemablösungsverfahren und zuletzt noch die Umlegung der Himmeltaler Pfarrwidmut. - Nachdem Pfarrer Kupietz am dritten Ostertage, den 18. April 1876, noch in der Stadtkirche den Gottesdienst gehalten, fühlte er sich so schwach, daß er das Bett aufsuchen mußte, von dem er nie mehr aufstehen sollte. Am Montag nach dem Weißen Sonntage (24. April) nachmittags 2.00 Uhr machte ein sanfter Tod unter den Gebeten der Umgebung und denjenigen der zahlreich im Gotteshause versammelten Parochianen seinem arbeitsreichen Leben ein Ende. Fünfundzwanzig, zumteil aus weiter Ferne herbeigeeilte Priester, Vertreter des Fürstlichen Patronats, die evangelische Geistlichkeit, Vertreter der Königlichen und Städtischen Behörden, Lehrer und Schüler der katholischen und evangelischen Stadtschule, die Lehrer seiner Inspektion und eine nach Tausenden zählende Volksmenge geleitete die irdische Hülle nach dem Friedhofe von St. Markus, nachdem in der Pfarrkirche die Erequien gehalten waren. Sein Testamentsvollstrecker, Pfarrer Zajadacz - Trembatschau, hat ihm über seinem Grabe ein würdiges Denkmal errichten lassen. Dasselbe trägt im Querbalken des Kreuzes (gleichsam als geistliches Testament) die Mahnung des Apostels Paulus (l. Corinther 16, 13), mit welcher Pfarrer Kupietz seine letzte Predigt(am Osterfeste 1876) geschlossen: "Seid wachsam, stehet fest im Glauben!"
Pfarrer Kupietz war eine hohe, achtunggebietende Erscheinung und ein eigenartiger Charakter, der nicht von jedem verstanden wurde, dem aber gleichwohl niemand seine Hochschätzung und Ehrfurcht versagen konnte. Menschengunst galt ihm nicht; die Ehre Gottes, das Heil der Kirche, das geistige und leibliche Wohl der seiner Obhut anvertrauten Parochianen - alles. Furchtlos und unerschrocken, wo andere zaghaft zurückwichen, trat er stets auf vor hoch und niedrig, wo es galt, diese kostbaren Güter vor Schädigung zu bewahren und zu schützen. Mit seinen Amtsbrüdern, die ihn als ihren vielbewährten Berater verehrten, verband ihn aufrichtige Liebe. Er sprach wenig, aber wohlerwogen. Einfachheit, Mäßigkeit und weise Sparsamkeit zeichneten ihn aus. Sein Wahlspruch und seine stete Mahnung an die Parochianen war "Bete und arbeite!" - Seine nicht unbedeutenden Ersparnisse, die er aus dem kirchlichen Einkommen gemacht, gab er der Kirche zurück, indem er letztwillig (schon 1858) das Fundationsärar der Pfarrkirche zum Universalerben ernannte. Allen Schulen der Parochie Wartenberg und denen seiner früheren Pfarrei Kaulwitz setzte er Legate aus: besonders aber lag ihm die Errichtung eines katholischen Waisen- und Rettungshauses in Wartenberg am Herzen. Was Ignaz Kupietz als Pfarrer von Wartenberg gewirkt, das sichert ihm ein dauerndes, ehrendes Andenken.
Nach Pfarrer Kupietz' Tode blieb die Pfarrei der kirchenpolitischen Wirren wegen zehn Jahre unbesetzt. Es war für die Gemeinde ein Glück, daß die rite angestellten Kapläne Dilla und Krakowski für befugt erachtet wurden, nach des Pfarrers Tode in gleicher Weise wie während dessen Lebenszeit geistliche Amtshandlungen vorzunehmen. Anfang 1877 schrieb das Patronat das Benefizium aus und schwebte die Gemeinde in der Gefahr, mit einem Pfarrer bedacht zu werden, der die bischöfliche Sendung nicht erhalten konnte. Auf Bitten der Gemeinde und des Erzpriesters ließ der Kirchenpatron sich bewegen, von seinem Präsentationsrecht vorläufig keinen Gebrauch zu machen. Als wieder geordnete Verhältnisse eintraten, konnte die kirchlich gültige Besetzung erfolgen.
20. Paul Dilla (1886-99), geboren 9. Juli 1843 zu Oppeln als der Sohn des Kreisgerichts-Sekretärs Karl Dilla und dessen Ehefrau Maria Petzold, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, studierte in Breslau Theologie, trat 2. Juli 1866 ins Alumnat und wurde am 27. Juni 1867 zum Priester geweiht. Unterm 24. August als zweiter Kaplan nach Wartenberg entsandt, begann er hier am 6. September 1867 seine segensreiche Seelsorgstätigkeit. Wegen des großen Priestermangels wurde ihm Conkaplan Krakowski 1884 genommen und es ruhte nun die ganze Last der Seelsorge auf seinen Schultern. Am 13. April 1886 wurde er vom Prinzen Gustav Biron zum Pfarrer präsentiert, erhielt am 21. Juni die bischöfliche Investitur und es erfolgte am 25. Juli 1886 seine Installation. Die Pfarrgemeinde beging diesen Tag als ein hohes Freudenfest. Stadtpfarrer Dilla genoß den Ruf eines sehr beliebten Kanzelredners. Ein großes Verdienst erwarb er sich durch Errichtung des Kupietz'schen Waisen- und Rettungshauses und Einführung der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus. Ende 1896 erhielt er wieder einen Kaplan. Im Januar 1897 wurde er- seit kurzem Actuarius circuli -zum Erzpriester ernannt. Doch nicht lange sollte er diese Würde bekleiden. Ein schleichendes Uebel und im verborgenen getragener Harm zehrten an seinem Lebensmark. Am Sonntagabend den 5. März 1899 raffte ein Schlaganfall ihn plötzlich dahin, nachdem er noch am Morgen in der Pfarrkirche seines Amtes gewaltet. Seine irdische Hülle wurde am 9. März bei St. Markus bestattet.
Die Administration überkam vom 10. März ab der Oberkaplan Karl Namyslo aus Königshütte. - Karl Kuberczyk, seit 19. November 1896 als Kaplan hier angestellt, bald nach Dilla's Tode in gleicher Eigenschaft nach Groschowitz versetzt, am 17. Mai 1899 zum Pfarrer präsentiert, erhielt nicht die bischöfliche Bestätigung.
21. Beda Ernst Edgar Hahn, am 3. Januar 1869 zu Oppeln als der Sohn des Lehrers Joseph Hahn und dessen Gattin Adele Meißner geboren, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, studierte zu Breslau Theologie, trat Herbst 1894 ins Alumnat und wurde am 25. Juni 1895 zum Priester geweiht, war zunächst Aushilfspriester in Kostelitz, seit 24. Dezember 1895 Kaplan in Groß Strehlitz, bewarb sich 20 März 1899 um hiesige Pfarrei, erhielt am 23. Juni die Präsente, wurde am 16. Oktober 1899 hier festlich empfangen und investiert. Stadtpfarrer Hahn hat sich unsterbliche Verdienste um die Wiederherstellung der Pfarrkirche und des Glokkenturms erworben. Mit Jugendmut und festem, entschiedenem Willen ging er bald ans Werk, legte das "Goldene Buch" an und begann "Bausteine" zu sammeln. Freudig brachten und bringen (denn noch sind bedeutende Bauschulden zu tilgen) die Pfarrkinder, Vermögende wie Unvermögende, alle nach Kräften ihre freiwilligen Spenden, und so bleiben das würdig wieder hergestellte Gotteshaus und der wieder aufgebaute Glockenturm beredte Zeugen auch für die fromme, kirchlich treue Besinnung der Parochianen.
Am 13. Dezember 1907 wurde Stadtpfarrer Hahn Actuarius circuli, am 7. Dezember 1908 Erzpriester des Groß Wartenberger Archipresbyterats. A. m. a.!

Die Mater adjuncta zu Schleise
Die ehemals selbständige Pfarrei Schleise ist eine der ältesten des Archipresbyterats, zuerst bezeugt durch die Urkunde des Bischofs Wilhelm von Lebus vom 1.Juni 1260 (siehe Seite 19), welche hervorhebt, daß der Dezem schon seit undenklichen Zeiten der Kirche gehöre. Als Pfarrer sind bekannt: Johannes z. J. 1286 (Stenzels Bistumsurkunden 205 und 219) und 1296; Nikolaus Syschka(1477); JohannesPermynter(1511).
Das Kirchenpatronat und Pfarrlehn gehörte dem Bischofe von Lebus. Bischof Johann Horneburg, der letzte katholische Bischof von Lebus, belehnte d. d. Fürstenwalde 28. Mai 1553 mit dem Kirchenpatronate von Schleise seinen Rat Gottfried von Kanitz; doch konnte letzterer nicht in den faktischen Besitz kommen, da in den Wirren jener Zeit Freiherr Joachim von Maltzan Schleise vorher schon an sich gerissen hatte. Maltzans Gemahlin besaß es als Wittum und antwortete unter dem 22. Juli 1570 dem Bischofe von Breslau, Kaspar von Logau, welcher damals wahrscheinlich die Präsentation eines katholischen Pfarrers verlangte: ... "wegen der Pfarrt beim Gut Schleuse: habe ihre (?) ganze Herrschaft mit evangelischen Seelsorgern bestellt, wünsche, daß es der Herr Bischof, S. F. G., in seinem verwaltenden Ambt auch also bestelle, bittet hinfüro sie zu verschonen." Das Bistum Lebus war inzwischen durch den Kurfürsten von Brandenburg eingezogen worden. 1576 versprach Kurfürst Johann Georg das dem Bistum Lebus gehörende Schleise dem Heinrich von Münsterberg, welches er nebst dem Kirchenpatronate fortan als ein Lehn vom Bistum besitzen sollte, "wenn er es auf seine Gefahr und Kosten den Herren von Maltzan abgewinnen würde, die es vor einiger Zeit an sich gerissen hatten. - Dieses Versprechen war nutzlos, denn Schleise blieb im standesherrlichen Besitz. Auch die Pfarrwidmut und dazu gehörende zwei Bauergüter, zusammen 4 Huben, waren der Kirche entzogen und mit den Vorwerksländereien vereinigt worden. Als am 3. Juni 1595 Burggraf Abraham von Dohna die Restkaufgelder für die Herrschaft Wartenberg legte, kam dieser Punkt zur Sprache. Infolge eines Abkommens nahm der neue Standesherr die Widmut, die er der Kirche zurückgab, in Pacht. Pfarrer Dr. Krzyzanowski überließ 1660 die Schleiser Pfarräcker gegen 500 Reichstaler der Standesherrschaft; es blieb aber die Zahlung dieses Betrages aus. Sein Nachfolger Tichy verglich sich 1664 derart, daß nicht 500 sondern 600 Reichstaler bar zu zahlen waren und der Pfarrer daneben wöchentlich noch ein Viertelfässel Bier und 18 Groschen an Geld erhalte. Weil aber die Zahlung der 600 Reichstaler nicht erfolgte, bezog der Pfarrer aus der Standesherrlichen Rentkasse jährlich 36 Reichstaler Zinsen. Von 1598-1633 hatte Schleise wieder einen eigenen katholischen Pfarrer. Als solcher wird 1629 Missopolius genannt. 1633 wurde die Kirche abermals evangelisch, muß aber bald nach 1638 wieder katholisch geworden sein. Im Archidiakonal-Visitationsbericht von 1651 wird erwähnt, daß die Kirche zu Schleise dem Apostel Mathäus geweiht sei, das Kirchweihfest am Sonntage nach dem Festtage des Heiligen gefeiert, Gottesdienst jeden dritten Sonntag gehalten werden, drei Glocken vorhanden seien, die Standesherrschaft die Widmut nütze, der Pfarrer zwei Gärten, der Kirchschullehrer einen habe und das dem Matthiasstift gehörige Kunzendorf eingepfarrt sei. Nach dem Visitationsbericht von 1666 war die ganz aus Holz gebaute Kirche dem Erzengel Michael geweiht und wurde das Kirchweihfest, wie jetzt noch, an dem dem St. Michaelstage folgenden Sonntage gefeiert. Der Altar war neu und zeigte das (heut noch vorhandene) Bild des Erzengels Michael. Mit Ausnahme des Schulzen waren alle Einwohner des Dorfes katholisch. 1721 wurden die abgebrannten Pfarrwidmutsgebäude wieder aufgebaut. Eine Nachricht aus dem Jahre 1758 sagt, daß der katholische Schulmeister auf der Pfarrwidmut wohnt, den Pfarrgarten, "so die Pfarrwidmut genannt wird", in Mietung hat und dafür Zins dem Erzpriester in Wartenberg gibt. Im Inventarverzeichnis der Schleiser Kirche vom 4. Dezember 1793 wird "ein neugebautes Pfarrhaus, das zugleich zum Schulhause dienü aufgeführt. 1846 mußte die Kirche wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Pfarrer Kupietz betrieb mit Kraft den Neubau einer massiven Kirche, welcher 1851 ausgeführt wurde. Die Benediktion derselben erfolgte am Michaelisfeste 1851 durch Erzpriester Pietzka.
Im Turme hängen drei Glocken. Die größte trägt die Inschrift: "Sebastian Götz goss mich anno Domini 1632." Auf der mittleren liest man folgenden klassischen Vers:

"AeraCanoraSonantMentes Hominum Que Fatigant.
"Ut Cuncti Veniant Reddere Vota Deo.
"Aere Canis Sed Sit Curae Tibi Fundere Corde
"Aeterno Domini Sit Tua Cura Preces."
Jacob Götz goss mich anno 1606.


Die kleine Glocke (Signiergocke) hat keine Inschrift.

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