Groß Wartenberg

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Übersichtskarte Groß Wartenberg


Inhaltsverzeichnis

Ortsteile

  • GROß WARTENBERG
1913:Stadt: Kreis, Postbestellanstalt, Eisenbahnstation, Amtsbezirk, Amtsgericht, Standesamt, evangl. Kirchspiel, kath. Kirchspiel Groß Wartenberg (Bez. Breslau) , Bahnhof 2,5 km; Einwohner: 2287
1913:Bahnhof [Rittergut Weinberg]: Kreis, Postbestellanstalt Groß Wartenberg (Bez. Breslau) 2 km; Einwohner: [36]
  • HIMMELTAL
1913:Rittergut: Kreis, Postbestellanstalt, evang. Kirche, kath. Kirche, Amtsgericht, Eisenbahnstation Groß Wartenberg (Bez. Breslau)1,5, Bahnhof 4 km; Amtsbezirk, Standesamt Schloß Wartenberg; Einwohner: 91
  • SCHLOß WARTENBERG
1913:Rittergut: Kreis, Post, Eisenbahn, Amtsgericht, kath Kirche, ev. Kirche Groß Wartenberg (Bz. Breslau), Bahnhof 2 km; Amtsbezirk, Standesamt Schloß Wartenberg; Einwohner: 120
  • SCHLOßVORWERK
1913:Vorwerk [Weinberg]: Kreis, Post, Eisenbahn Groß Wartenberg (Bz. Breslau) 0,5 km, Bahnhof 1,5 km; Einwohner: [174]
  • STADTFÖRSTEREI
1913:Forstgutsbezirk: Kreis, Post, Amtsgericht, Standesamt, Eisenbahn, kath Kirche, ev. Kirche Groß Wartenberg (Bz. Breslau) 2,5 km, Bahnhof 5 km; Amtsbezirk Klein Kosel; Einwohner: 6
  • WEINBERG
1913:Rittergut (mit Bahnhof Groß Wartenberg, Sägewerk, Schloßvorwerk, Restauration und Schäferei Weinberg): Kreis, Postbestellanstalt, Amtsgericht, evang. Kirche, kath. Kirche Groß Wartenberg (Bez. Breslau) 2,5 km; Amtsbezirk, Standesamt Schloß Wartenberg; Einwohner: 256
  • WEIßER GIEBEL
1913:Gasthaus [Groß Wartenberg]: Kreis, Post, Eisenbahn Groß Wartenberg (Bz. Breslau) 2,5 km, Bahnhof 5 km; Einwohner: [8]

Geschichte

Auszug aus "Otto Hupp: Königreich Preußen - Wappen der Städte, Flecken und Dörfer", 1896:

In Schwarz zwischen drei (2:1) goldenen Sternen, reitend auf einem weißen Rosse, ein Jäger, der in ein Horn stößt.

Das für 1377 nachgewiesene: "S'AIVITATIS*WARTENBERGH" (31 mm)hat dieselbe Darstellung in einem Schilde; auch die Sterne sind auf einem späteren Abdrucke (1430) deutlich wahrzunehmen, dagegen vermag ich den Schild des Reiters und damit den Beleg, daß der Reiter ein Gerüsteter wäre, nicht so deutlich zu erkennen wie ihn Clericus auf seiner übrigens ziemlich ungenauen Abbildung des Siegels bei Saurma gezeichnet hat. Ich möchte den reiter eher für einen Jäger halten. Auf einem :"*SIGILLUM*CIVITATIS WARTEMBERGENSIS (im Felde:)1661" (oval, 30:25 mm), welches aber erst im 17. Jahrh. einem Siegel von 1661 nachgebildet zu sein scheint(wie es denn auch noch einen modernen Nachschnitt in derselben Größe, mit derselben Umschrift und Jahreszahl gibt), erscheint der Reitende mit breitkrämpigem Hute, auf gewundenem Horne blasend und linkshin sprengend zwischen den drei Sternen. So auch auf einem:"*SIGILLUM*CIVITATIS*WARTEMBERGENSIS (im Felde:) 1721" (34 mm), wobei der Rahmenschild oben mit einem Löwnkopfe verziert ist.

Das "+s:der:stadt:scheppen:rzu:wartheberg" (31 mm) des 15. Jahrh. zeigt einen zwischenzwei Bäumen (nicht Röschen) stehenden (gewappneten?) Mann, der mit der Rechten ein Jagdhorn an den Mund hält, die Linke aber in die Hüfte gestützt hat.

Groß Wartenberg

Auszug aus "Albert Henschel: Ein Spaziergang durch Groß Wartenberg".

Allgemeines

Die älteste Geschichte der Stadt Wartenberg ist in Dunkel gehüllt. Was wir heute als gesichertes Ergebnis der Forschung wissen, verdanken wir dem unermüdlichen Fleiße des Hauptlehrers und Kantors Joseph Franzkowski, der im Jahre 1912 die "Geschichte der freien Standesherrschaft, der Stadt und des landrätlichen Kreises Groß Wartenberg" herausgab.

Die Kreisstadt liegt - etwa 56 km östlich von Breslau - unweit der erst nach dem 1. Weltkrieg willkürlich gezogenen deutsch-polnischen Grenze in einer Talmulde; sie wird nordöstlich und westlich von sanften Höhenzügen eingeschlossen. Durch diesen Ort führte einst die römische Handelsstraße über Breslau - Hundsfeld - Oels - Wartenberg - Schildberg - Kalisch - Konin - Thorn zur Ostsee. Außerdem zweigte in unserer Stadt eine weitere wichtige Handelsstraße über Bralin - Kempen nach Krakau ab.

Stadtgründung

Vermutlich ist das Heimatstädtchen während der Regierung Heinrichs 111. in der Zeit von 1248 - 1266 zu deutschem Recht eingerichtet worden, und zwar nach dem Muster des magdeburgischen Rechts. Der erste urkundliche Beweis dafür stammt aus dem Jahre 1369. Das Siegel auf dieser Urkunde zeigt in einem nach unten spitz zulaufenden Wappenschilde einen geharnischten Reiter, der ins Horn stößt.

Der Name Wartenberg ist nach den Forschungsergebnissen auf die hier eingewanderten deutschen Kolonisten zurückzuführen. Diese kamen hauptsächlich aus Franken. Im Kreise Erding existiert eine Stadt Wartenberg. Man darf berechtigt annehmen, daß jene Kolonisten aus diesem Raum den Heimatnamen für ihre neue Niederlassung entlehnt haben.

Unsere Heimatstadt wurde planmäßig angelegt. Der Ring (Marktplatz) mit dem Rathaus in der Mitte bildet den Mittelpunkt der Stadt und hat in auffälliger Größe eine quadratische Form. Hier zentralisierte sich nicht nur der Handel, hier waren anfänglich sowohl die Dingstätte des Städtischen Gerichts als auch die ordentliche Richtstätte. Später verlegte man das Schöffengericht ins Rathaus, während das Hochgericht seinen Standort außerhalb der Stadt erhielt.

Vom Ring aus gehen parallele, zur Peripherie an die Stadttore führende Hauptstraßen, die durch Quergassen verbunden sind. Dadurch wird der ganze Stadtkern in eine Anzahl "Stadtviertel" zerlegt.

Ein Wallgraben schloß die eigentliche Stadt gegen die Vorstädte ab. Drei Vorstädte werden von jeher unterschieden: die Breslauer, die Kalischer und die Kammerauer Vorstadt. Die Bürger der inneren Stadt waren meist Handwerker und Gewerbetreibende; die Vorstädter beschäftigten sich vorwiegend mit Ackerbau, weshalb sie auch "Ackerbürger" genannt wurden. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts erhielt Wartenberg einen starken Befestigungsgürtel durch Mauern, Tore und Türme,um gegen "Vergewaltigungen" von außen bessergesichert zu sein. Die Raub- und Fehdelust der östlichen Grenznachbarn war verheerend und bereitete oft schwere Sorgen. Die Leiden und Bedrängnisse, denen unsere Vorfahren oft ausgesetzt waren, erreichten im 30. jährigen Kriege ihren Höhepunkt. In dieser Zeit lebten - von 400 zufriedenen Bürgern - innerhalb der zerstörten Mauern mitunter kaum 40 bettelarme Menschen, die mutlos in beständiger Angst ihr Dasein fristeten.

Stadtbrände, Wiederaufbau

Die Bewohner Wartenbergs wurden in den vergangenen Jahrhunderten nicht nur durch Kriegsereignisse schwer heimgesucht, sondern verloren durch Feuerbrünste innerhalb weniger Stunden ihr Hab und Gut. Da die Wohnstätten aus Holz bestanden, hatten die Flammen reiche Nahrung. Große Stadtbrände gab es in den Jahren 1616, 1637, 1742. Bei dem letzten und größten Brand am 28.4.1813 waren 117 Häuser völlig in Asche gelegt; auch das Rathaus war darunter. Glockenturm und Kath. Pfarrkirche waren stark verwüstet. Nur die Ev. Schloßkirche und einige Häuschen blieben verschont, weil das Feuer im südl. Flügel des Schlosses ausbrach. Es spricht für unsere Vorfahren, wenn man liest, daß trotz schwerer Kriegsjahre bis 1817 die meisten Bürgerhäuser wieder errichtet waren. und zwar schöner, wohnlicher und sicherer (massive Bauart) als vorher. Deshalb machte unser Städtchen auf alle Besucher einen sauberen Eindruck.

Freiwillige Feuerwehr

Heimatblatt 1975, Heft 11 Chronik Franzkowski

75 Jahre Freiwillige Feuerwehr Groß Wartenberg

20.6.1900: Erhard Schneider gab dieses Datum als Gründungstermin an. Anhand der Franzkowskischen Chronik ergaben sich einige Hinweise über die Feuerwehr in Groß Wartenberg.

Von großer Bedeutung für die Wohlfahrt der Stadt ist ihr Feuerlöschwesen, das schon seit frühester Zeit geregelt war. Für Groß Wartenberg war das Feuerlöschwesen wie wir wissen, von ganz eminenter Bedeutung, denn mehrere Male brannte es in Groß Wartenberg und als Folge musste die Stadt ebenso oft wieder aufgebaut werden. Daher war eine gute Feuerlöschhilfe größte Beachtung zu schenken. Die Bürger waren ebenso darauf bedacht, laufend Verbesserungen des Löschwesens vorzunehmen. Franzkowski: „Bis in die jüngste Zeit hinein lagen demselben Feuerlöschwesen die Bestimmungen der revidierten Feuerlöschordnung für die Städte Schlesiens und der Grafschaft Glatz vom 13. Dezember 1776 zugrunde. Ein Verzeichnis aus dem Jahr 1823 besagt, dass Wartenberg damals über eine Schlauch-, eine mittlere und eine kleine Spritze, 14 Leitern, 13 Feuerhaken, 6 Handspritzen, 24 Feuereimer, 8 Wasserzuber (darunter 2 auf Rädern, 6 mit Schleifen) und 12 Feuerwische verfügte.

1852 teile man in 15 Abteilungen sämtliche Löschmannschaften ein, deren Führer mit nummerierten Armschildern versehen wurden. Eine Zirkularverfügung der Königlichen Regierung in Breslau hob 1886 die Feuerlöschordnung vom Jahre 1776 auf und ordnete eine zeitgemäße Umgestaltung des Feuerlöschwesens an. Ein Erlass des Ministers des Inneren vom 28.Dezember1898 führte im Feuerlöschwesen wesentliche Verbesserungen herbei. Nach einem Bericht der Polizeiverwaltung bestand im Jahre 1899 in der Stadt eine unter Führung des Polizeiverwalters stehende Pflichtfeuerwehr mit der Anzahl von 390 Köpfen. Die Stadt besaß 3 Spritzen, 3 Anlege- und 6 Hakenleitern, 10 Feuerhaken, 40 Feuereimer, eine Anzahl Äxte und Seile, 6 Wasserbottiche und 6 Laternen. In Privatbesitz befanden sich 30 lange Leitern, 4 Feuerhaken, in jedem Hause 1 Feuereimer.“

So schilderte der Chronist die Verhältnisse bis zur Gründung der besagten Freiwilligen Feuerwehr in Groß Wartenberg. Darüber lesen wir Folgendes: „Im Mai 1900 bildete sich eine Freiwillige Feuerwehr, welche seitdem in den Sommermonaten wöchentlich, in den Wintermonaten zweiwöchentlich Übungen abhält.“ Franzkowski wusste den genauen Gründungstermin der Freiwilligen Feuerwehr auch nicht. Er hätte sonst sicher das Datum angegeben. So sind wir nun auf die Mitteilung des Landsmannes Erhard Schneider angewiesen, der uns präzise mitteilte: „Am 20. Juni 1900 wurde die Freiwillige Feuerwehr in Groß Wartenberg gegründet.“ Fest steht jedenfalls, dass die Freiwillige Feuerwehr im Jahre 1975 das 75jährige Bestehen feiern kann. Die Feuerwehr war uniformiert und hatte Statuten, sowie eine Dienstordnung. Neben der Freiwilligen Feuerwehr blieb die Pflichtfeuerwehr bestehen und bildete zwei Abteilungen. Die Reserve für die Spritzenmannschaften war gekennzeichnet durch rote Armbinden, während die Abteilung, die weiße Armbinden trug, zum Absperrungs- und Bewachungsdienst herangezogen wurde.

1900 kostete die Stadtkasse die Ausgabe für Feuerlöschzwecke runde 1300 Mark.

Zur besseren Ausgestaltung des Feuerlöschwesens bildete sich am 12.Mai 1901 der Kreisfeuerwehrverband für die Kreise Oels, Namslau, Groß Wartenberg, Militsch und Trebnitz, dem sich auch die Stadt groß Wartenberg anschloss. Dieser Teil bildete einen Teil des Regierungsbezirks- und Provinzialverbandes der Feuerwehren Schlesiens. Am 28. August 1901 fand im Auftrage des Königlichen Regierungspräsidenten eine Besichtigung der Feuerlöscheinrichtungen in Groß Wartenberg statt. Sie gab zwar zu verschiedenen Beanstandungen Anlass, doch sprach der Regierungspräsident dem Führer und den Mannschaften bei der Musterung über das in Erscheinung getretene gute Verhalten und den regen Eifer bei den einzelnen Übungen unter dem 21. September 1901 schriftlich seine Anerkennung aus.

Herbst 1902 baute die Stadt zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr auf dem Stadtbrauereigrundstück einen neuen Geräteschuppen und einen Steigerübungsturm mit einem Kostenaufwand von 5000 Mark. 4000 Mark gab die Stadt dazu und 1000 Mark die Feuerwehr. Bis dahin waren zur Aufbewahrung für die Spritzen und das Löschgerät nur die beiden, bereits reparaturbedürftigen Spritzenhäuser vorhanden. Das eine stand seit 1818 in der inneren Stadt am Glockenturm und wurde 1855 verlegt. Das andere Spritzenhaus stand in der Vorstadt.

Dem Führer der Freiwilligen Feuerwehr sowie sein Stellvertreter wurden zum Brandmeister ernannt. Erster Brandmeister war damals Baugewerkemeister Wilhelm Knittel und Zweiter Brandmeister war Molkereibesitzer Hermann Hilse. Beide wurden unter dem 11. Dezember 1903 vom Regierungspräsidenten zu Polizeibeamten der Stadt Groß Wartenberg bestellt. Dadurch sollte ihre Stellung in angemessener Weise unterstrichen werden. 1904 wurde die erste mechanische Schiebeleiter angeschafft. Sie kostete damals 772 Mark. Beide Feuerwehren wurden gegen Haftpflicht versichert. 1905 schaffte die Stadt neues Gerät an, einen Schlauchwagen, zwei Rauchmasken, zwei eiserne Wasserbehälter und einen Acetylenscheinwerfer: Am 2. November 1906 wurde ein neues Ortstatut zur Regelung des persönlichen Feuerlöschdienstes im Stadtbezirk Groß Wartenberg erlassen. Eine weitere Verbesserung des Löschwesens brachte die Errichtung eines Hochdruckwasserwerkes sowie die Aufstellung von Hydranten. Aber auch sonst wurde die Feuerwehr laufend mit neuem Gerät ausgerüstet. So wurde ein Sprungtuch angeschafft und das Schlauchmaterial vermehrt. Die Feuerwehr hatte wiederholt Gelegenheit, Proben ihrer Tüchtigkeit abzulegen und erfreute sich in den Jahren ihres Bestehens fortschreitender allgemeiner großer Beliebtheit und Sympathie. Während des III. Reiches übertrug man ihr teilweise hilfspolizeiliche Aufgaben. Sie mussten sich mit dem Luftschutz und den daraus neu gebildeten Anforderungen während des nachfolgenden unglückseligen Krieges vorbereitend vertraut machen. Die Groß Wartenberger Feuerwehrmänner haben alle diese Aufgaben bewältigt.


Landesherrschaft

Wartenberg gehörte stets zum Herzogtum Schlesien, erst Breslau, seit 1293 Glogau, seit 1320 Oels.

Im Jahre 1489 wurde der Districtus Wartenbergensis (Kreisgebiet mit Ausnahme Festenberg und Kirchhalt Tscheschen) zu einer selbständigen freien Standesherrschaft erhoben, die bis 1809 bestand.

Folgende Adelsgeschlechter regierten:

Von 1489 - 1517 von Haugwitz,
1517 - 1529 von Rozmital und Blatna,
1529 - 1570 von Maltzan,
1570 - 1592 von Braun
1592 - 1711 von Dohna
1711 - 1719 Kaiserl. Oberamt
1719 - 1734 von Dohna
1734 - 1740 von Biron
1740 - 1742 von Münnich
1742 - 1764 Königl. Preuß. Verwaltung
ab 1764 Biron von Curland

Der Einfluß der Standesherrlichen Regierung bis zur Einführung der Städteordnung auf die städtischen Angelegenheiten war wesentlich. Deshalb kam es oft zu Streitigkeiten, obwohl ein Privilegium aus dem Jahre 1403 die Rechte der Stadt bzw. der Bürger gegenüber dem Landesherren regelte. Aus der Franzkowski-Chronik ist aber auch ersichtlich, daß sich die Standesherrschaft, besonders unter Biron von Curland, in verschiedener Hinsicht für das Wohl der Stadt einsetzte.

Wirtschaftliche Verhältnisse

Das Handwerk hatte früher auch in unserer Stadt einen "goldenen Boden". Zechen und Zünfte bildeten den eigentlichen Kern des Bürgertums. Die älteste und bedeutendste aller Zünfte wird die der Weber oder Züchner gewesen sein. Zur Hebung der Tuchmanufaktur richtete man 1765 sogar eine Wallspinnschule ein, die sich auf die Dauer aber nicht halten konnte.

Jedenfalls übten um 1785 16 Leinweber, 32 Tuchmacher, 2 Tuchscherer und 1 Tuchwalker ihr Handwerk aus.

Nach Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1810 vermehrte sich die Zahl der Gewerbetreibenden, besonders der Handelsleute, sehr rasch. Die Stadt allein zählte um 1900 im ganzen 130 Handwerksbetriebe. Alle Arten waren dabei vertreten. Besonders erwähnenswert sind das Töpfergewebe (Wobst), die Dampfmühle (Müller), die Maschinenfabrik (Scholz), das Dampfsägewerk (Schipke), die Butter- und Käsefabrik (Hilse). Sehr ertragreich war auch der Stadtforst mit seinen 1.600 Morgen.

Drei, später vier große Jahrmärkte vermittelten in Anbetracht der günstigen Lage einen bedeutsamen Handel zwischen Schlesien und Polen.

Bahnverbindungen bestanden ab 1871/72 nach Oels und Kempen (Breslau - Warschau). Nach den Aufzeichnungen des bewährten Bürgermeisters Eisenmänger gliederte sich die Bevölkerung 1914 wie folgt auf:

52% zum Kleingewerbe, Handel u. Handwerk
26% zum Arbeiter- und Dienstbotenstand
18% zum Beamten- und Angestelltenstand
1,5% Landwirtschaft
1,5% Pensionäre, Invaliden, Berufslose
1,0% freie Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte)

Eine radikale Änderung dieser guten Verhältnisse brachte das Ende des 1. Weltkrieges mit sich, weil 1919 die Hälfte des Kriegsgebietes - etwa 400 qkm -an Polen abgetreten werden mußte. Dadurch verlor unsere Kreisstadt (ab 1888 Groß Wartenberg) den größten Teil des Hinterlandes und damit zahlreiche Gewerbebetriebe ihre Existenzgrundlage.

Nach der Statistik über die Volks- und Betriebs-Zählung 1939 waren in unserer Stadt

Selbständig = 371 Einwohner
Mithelfende Fam.-Ang. = 133 Einwohner
Beamte und Angestellte = 629 Einwohner
Arbeiter = 1.315 Einwohner

Vereinswesen

Es klingt wie eine Sage, aber Groß Wartenberg hatte 1910 insgesamt 51 Vereine. Von Franzkowski wurden alle nicht nur genannt, sondern sogar hinsichtlich Zweck und Bedeutung erläutert. Es würde zuweit führen, hier alle namentlich anzugeben, deshalb seien nur einige in Erinnerung gerufen:

Schützengilde, unter Herzog Konrad dem Weißen (1471 - 1489) mit einem "stattlichen Privilegium" begnadet; Männerturnverein von 1862; Politischer Staatsbürgerverein von 1848; Gesellschaft "Harmonie" von 1864; Kriegerverein von 1873; Fechtschule von 1883; Freiwillige Feuerwehr von 1900, sowie zahlreiche katholische und evangelische Vereinigungen.

Aus der verhältnismäßig großen Zahl von Vereinen kann so manche Schlußfolgerung gezogen werden!

Berühmte Personen

Peter Kahler de Wartenberg. Dr. jur. can., Generalvikar der Breslauer Diözese. 1444 auf dem Konzil zu Basel tätig. Nikolaus Kreul, Dr. decrel., Kaplan des Kardinals Aeneas Sylvius Piccolomini (als Papst Pius II.) und Erzieher des Franz Piccolomini (später Papst Pius III.), verstorben 1462. Dr. Christian Friedrich Lessing, geb. 10.8.1809, berühmter Botaniker, Reisen durch Lappland und Sibirien, verstorben 1862 als Stadtarzt in Krasnojarsk.

Karl Friedrich Lessing, Großneffe des Dichters G.E. Lessing, geb. 1808, bekannt als Landschafts- und Historienmaler, verstorben 1880.

Max von Gallwitz, geb. 1852, General der Artillerie, Heerführer im 1. Weltkrieg, verstorben 1937 in Neapel.

Einwohnerzahlen

1828 = 1.600 Einwohner
1837 = 2.090 Einwohner
1852 = 2.642 Einwohner
1870 = 2.365 Einwohner
1900 = 2.381 Einwohner
1910 = 2.350 Einwohner davon 65 Juden
1914 = 2.311 Einwohner
1918 = 2.123 Einwohner
1936 = 3.111 Einwohner davon 40 Juden, die vor uns aus der Heimat vertrieben wurden,
1939 = 3.089 Einwohner in 909 Haushaltungen eines Stadtgebietes von 525 ha oder 2.100 Morgen.

In den Kriegsjahren wird sich die Zahl der Einwohner durch Aufnahme der Evakuierten und Ausgebombten (insbesondere aus Köln) auf ca. 3.500 erhöht haben.

Während jahrzehntelang die ev. Einwohner etwas stärker vertreten waren als die katholischen, so war das Verhältnis seit 1936 50:50.

Hauptlehrer Franzkowski schreibt in seiner einzigartigen Chronik:

"Religiöse Gesinnung, Liebe zum Vaterlande und angestammten Herrscherhause, treue Anhänglichkeit an die Vaterstadt, Friedfertigkeit, Häuslichkeit, Sparsamkeit und Wohltätigkeit zeichnen die Einwohner aus. Der Wartenberger Bürger hält nicht nur auf seine Ehre, sondern auch auf die Ehre seiner Vaterstadt."

Himmeltal

Abschließend sei hier auch noch das einstige Kirchengut Himmeltal der Groß Wartenberger Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul erwähnt. Es wurde durch Erzpriester Libor (1786 bis 1804) am 5.6.1789 in Erbpacht mit allen Rechten und Gerechtigkeiten an den Königlichen Hofrat Max und dessen Gattin Maria Charlotte Kausch gegen die einmalige überlassungssumme von 3257 Reichstaler 11 Silbergroschen 3 3/5 Pfennig und einen jährlichen Kanon von 100 Reichstalern veräußert. Die Stadtpfarrkirche behielt sich zwar das Vorkaufsrecht vor, was aber alles nach einigen Jahren, einschließlich des Kanons, abgelöst wurde. Die Evangelischen von Himmeltal hielten sich zur Kirche von Wartenberg und deren Kinder gehörten seit 1878 zu der aus der Landklasse entstandenen evangelischen Landschule. Seit 1891 gab es aber bereits eine Evangelische Landschule II. Nachdem 1906/07 in Mühlenort ein neues Schulgebäude erbaut wurde hörten diese Bezeichnungen auf und es hieß dann nur noch Evangelische Volksschule zu Wioske. 1910 zählte sie 78 Schüler. Lehrer war damals Max Pirling. Als um 1911 in Groß Wartenberg eine neue Schulanlage begonnen wurde, änderten sich daraufhin die schulischen Verhältnisse erneut. Letzter Gutsbesitzer in Himmeltal war Gustav Dubke. Er starb im gesegneten Alter von 90 Jahren in Nonnenhorn am Bodensee am 20.9.1972, wo er seinen Lebensabend verbrachte.

Weinberg

Der Ortsteil der Stadt Groß Wartenberg ist schon 1601 erwähnt und in dem 1666 erneuerten Urbarium der Standesherrschaft Wartenberg spricht man vom "Alten und Neuen Weinberg". Damals befand sich dort auch eine herrschaftliche Schäferei und ein großer Ziergarten.

Im Jahre 1787 gab es dort ein Vorwerk, die schon erwähnte Schäferei, dazu zwei Dreschgärtnerstellen, 1 Freistelle und eine herrschaftliche Ziegelei. Der Ort zählte 52 Einwohner, Im Jahre 1818 begann der Standesherr von Wartenberg ein neues Schloß zu bauen, das Weinbergschloß. Der Bau dieses Weinbergschlosses wurde aber nach vier Jahren (1822) eingestellt. In späteren Jahren wurde dieser halbfertige Rohbau völlig abgetragen.

An der Südostseite des Weinbergs hatte der Standesherr ein idyllisch gelegenes Kaffeehaus erbaut. Dieses Kaffeehaus fand auch lebhaften Zuspruch von Einwohnern der Stadt. Auch die Benützung der prinzlichen Schloßparkes zu Spaziergängen wurde der Bevölkerung bei nur geringen Einschränkungen erlaubt. Der Weinberg lag in umnittelbarer Nähe des Bahnhofes von Groß Wartenberg.

Unterlagen der Mormonen

Bei den Mormonen findet man die ev. und die Kath. Kirchenbücher, sowie die Matrikel der jüdischen Gemeinde. Desweiteren auch eine Verfilmung des Buches Geschichte der freien Standesherrschaft, der Stadt und des landrätlichen Kreises Gross Wartenberg von Joseph Franzkowski. Siehe Filme zu Groß Wartenberg

Standesamtunterlagen

Vor der Beschaffung einer Personenstandsurkunde aus Polen sollte geprüft werden, ob sich das gesuchte Personenstandsbuch nicht auch im Standesamt I in Berlin befindet.

Groß Wartenberg
Urząd Stanu Cywilnego
pl. Wolnosci 7
PL- 56-500 Syców

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