Allerlei Sagen und andere
Merkwürdigkeiten aus dem Kreis Groß Wartenberg
Sammlung Haase, u. a.
Der Lehrer Ernst Haase aus Groß Wartenberg hat in den Jahren um 1920
Sagen aufgezeichnet, die ihm aus vielen Orten des Kreisgebietes
überliefert worden sind. Zum Teil sind diese Sagen noch in alten
Heimatkalendern für die Kreise Oels, Groß Wartenberg, Trebnitz usw.
erschienen. Einige Exemplare dieser Kalender sind heute noch vorhanden.
Um diese Sagen vor dem Vergessenwerden zu bewahren, ist eine Auswahl
unter diesem Abschnitt zusammengefaßt, auch andere Merkwürdigkeiten aus
dem alten Kreis sind darunter, die des Erhaltens wert sind.
1. Der untergegangene Hochzeitszug
Einst wurde in Groß Wartenberg eine fröhliche Hochzeit gefeiert. In
heiterer Stimmung begaben sich die jungen Eheleute mit einem Teil der
Hochzeitsgäste in einigen Wagen in vorgerückter Stunde nach Hause. In
eiliger Fahrt ging es durch das Dorf Kammerau auf Neumittelwalde zu, das
damals noch Medzibor hieß. Bei dem "roten Wasser", dort, wo die neue
Straße von dem alten Wege nach Neumittelwalde abbiegt, kam der
Hochzeitszug in der Finsternis vom Wege ab und geriet in einen Sumpf. Zu
spät merkte man die drohende Gefahr. Alle Anstrengungen, aus dem Sumpfe
herauszukommen, waren umsonst. Vergeblich verhallten die Hilferufe der
Menschen in der schauerlichen Nacht. Wagen, Pferde und Menschen
versanken in der unergründlichen Tiefe. Heute bezeichnet eine mit
Buschwerk bewachsene Sumpfstelle den Ort des Unglücks. Zuweilen sieht
man in nebligen Nächten zur Geisterstunde den Hochzeitszug über die
nahen Wiesen fahren und im Busche verschwinden. Auch glaubt man in
besonders stürmischen Nächten den gellenden Hilferuf der Unglücklichen
zu hören. Alte Leute aus Groß Wartenberg behaupteten, daß der
Hochzeitszug in dem sehr tiefen Wasserloche in der Nähe der
Stadtförsterei untergegangen sei.
2. Das Wartenberger Feuermännchen
Vor Jahren lebte in einem Hause am Ringe zu Wartenberg ein ehrsamer
Bürger mit seiner Frau. Sie führten beide ein frommes Leben, arbeiteten
fleißig von früh bis spät und kamen mit der Zeit zu Wohlstand und
Ansehen. Einmal, es war zur Winterszeit, ging die Frau noch in der
Mitternachtsstunde in den Keller, um Wäsche für den folgenden Tag
vorzubereiten. Während sie eifrig schaffte, sah sie in einer Ecke des
Kellers ein kleines Männchen stehen, das in einem seltsamen Lichte
strahlte und in der Hand eine Laterne hielt, mit der es die Frau zu sich
heranwinkte. Die Frau erschrak vor der sonderbaren Erscheinung und eilte
mit angstvollem Schrei hinauf in die Wohnung, um ihren Mann zu holen.
Als beide bald darauf in den Keller kamen, war das Männchen
verschwunden. Der Sage nach soll während des 30jährigen Krieges, als die
wilden Horden auch unsere Heimat bedrohten, in dem Keller dieses Hauses
ein wertvoller Schatz vergraben worden sein. Noch ehe die schreckliche
Kriegszeit ein Ende hatte, starb der Eigentümer desselben mit dem
Wunsche, daß nur der die Kostbarkeiten heben möge, der ein Gott
wohlgefälliges Leben führe. Die Frau des späteren Besitzers dieses
Hauses war dazu ausersehen, den Schatz in Empfang zu nehmen. Ihr wollte
das Feuermännchen die Stelle zeigen, wo er verborgen lag. Durch das
laute Schreien der Frau aber wurde das Männchen vertrieben. Es wird
erzählt, daß dieses Feuermännchen in unserer Stadt alle 100 Jahre nur
einmal erscheint und zwar nur solchen Leuten, die sich durch einen
rechtschaffenen Lebenswandel auszeichnen. (Erzählt von Lehrer Schlensog,
Groß Wartenberg.)
3. Wie die St.-Markus-Kirche erbaut wurde
Am Bischdorfer Wege, eine gute halbe Stunde von Groß Wartenberg
entfernt, steht die aus Holz errichtete, wahrscheinlich aus dem 14.
Jahrhundert stammende Wallfahrts- und Begräbniskirche St. Markus. Die
Sage erzählt, daß, während die Pest im Lande wütete, die Gegend um
Wartenberg von dieser furchtbaren Seuche verschont blieb. Um Gott für
diesen Schutz zu danken, gelobten unsere frommen Vorfahren, eine
Kirche zu erbauen. Ursprünglich wollte man diese Kirche auf dem Hügel
errichten, wo sich heute die große Sandgrube befindet, und hatte bereits
die Steine und zugerichtete Hölzer dorthin geschafft, um bald mit dem
Bau beginnen zu können. Als die Bauleute eines Tages in der Frühe auf
den Bauplatz kamen, sahen sie, daß alle Baustoffe verschwunden waren.
Von unsichtbarer Hand wurden sie während der Nacht an einen Ort
getragen, der einige hundert Schritte nach dem Walde zu lag. Mit vieler
Mühe schafften die Bauleute die Steine und Hölzer wieder zurück, fanden
sie aber am folgenden Morgen zu ihrer Verwunderung abermals am vorigen
Ort. Jetzt sah man ein, daß eine höhere Gewalt den Platz für den
Kirchenbau zu bestimmen suchte. Man folgte dieser Weisung und errichtete
die Kirche dort, wo sie heute noch steht. (Erzählt von Lehrer Stanek,
Kammerau.)
4. Wie die Glocke der St.-Markus-Kirche einen Dieb erschreckt
Vor vielen Jahren ging in einer finsteren, stürmischen Nacht ein armer
Bauer aus dem Dorfe Kammerau an den Abhang des Markusberges, um Heu zu
stehlen, das dort in Haufen aufgerichtet stand. Der Bauer hatte bereits
das mitgebrachte Grastuch vollgerafft und war im Begriff mit der
Diebesbeute davonzueilen, als plötzlich - es war um Mitternacht - die
Glocke der Markuskirche ertönte. Erschreckt ließ der Dieb das gefüllte
Grastuch fallen und lief, was er konnte, nach dem Dorfe zurück. Der
Bauer hielt das Glockenzeichen für die warnende Stimme Gottes und faßte
den festen Vorsatz, nie mehr Hand nach fremdem Gute auszustrecken.
(Erzählt von Lehrer Stanek, Kammerau.)
5. Der Schatz am Ribatteteich
Am Nordufer des Ribatteteiches liegt, beschattet von alten Eichbäumen,
in einem großen Kasten ein wertvoller Schatz in der Erde verborgen.
Einige Bauern aus dem Dorfe Wioske hatten das Glück, diesen Kasten zu
entdecken, und bemühten sich, ihn in einer mondhellen Nacht zu heben.
Während sie eifrig mit Spaten und Hacke tätig waren, kam auf einem
mutigen Pferde ein
vornehmer Herr herangesprengt, der die Schatzgräber freundlich grüßte
und eilig weiterritt. Nach einer Weile, als man den Kasten beinahe über
der Erde hatte, kam auf einem großen lahmen Schweine ein unheimlich
aussehender, buckeliger Mann geritten. Er fragte die Bauern nach dem
vornehmen Reiter und ob er denselben wohl noch einholen könne. Nachdem
letzteres lachend und höhnend verneint wurde, stieg er von seinem Tiere
und wollte die Bauern am Weitergraben hindern. Als diese ihn aber
unwillig fortwiesen und einer zu ihm sagte: "Scher dich zum Teufel!" da
war der unheimliche Mann mit dem Schweine verschwunden, aber auch der
Kasten mit den Kostbarkeiten war nicht mehr zu sehen. In ihren
Hoffnungen getäuscht, mußten die Schatzgräber ihre mühevolle Arbeit
aufgeben, und es gelang ihnen nie wieder den Schatz zu finden. Der Sage
nach soll es doch noch möglich sein, ihn an einer anderen Stelle des
Teichufers zu heben. Das kann jedoch nur geschehen, wenn ein Vater mit
seinem Sohne den Erdboden an dieser Stelle mit einem Pfluge, der von
zwei roten Ochsen gezogen wird, recht tief pflügt. Vater und Sohn müssen
aber denselben Vornamen haben und an einem Tage Geburtstag feiern.
(Erzählt von Zimmermann Seider, Wioske.)
6. Der Feuermann an der Mechauer Grenze
An der Grenze der Mechauer Felder, auf Schleise zu, gab es früher viele
Lehmlöcher, die mit Wasser gefüllt waren. Wenn es dunkel wurde, stieg
oft ein Mann aus den Löchern, der ganz von hellen Feuerflammen umgeben
war. Hin und wieder schüttelte er sich, so daß die Funken um ihn herum
flogen. Der Feuermann war stets von einigen Hunden begleitet, deren
Bellen man die ganze Nacht hindurch hörte. Er soll die Leute vom rechten
Wege geführt haben, so daß viele in die Wasserlöcher gerieten und dort
den Tod fanden. (Erzählt von Frau Konschak, Groß Wartenberg.)
7. Ein Strafgericht Gottes
In der Nähe des Forsthauses Schleise soll ehedem das Dorf Gansow
gestanden haben. Zu diesem Dorfe gehörten gute äcker und Weiden. Die
Gansower aber, die dem Müßiggange und der Trunksucht ergeben
waren, bestellten ihre Felder nicht selbst, sondern überließen sie
den Schleiser Bauern. Diese nutzten die äcker für die vierte Garbe und
hüteten ihr Vieh unentgeltlich auf den Gansower Wiesen. Am
Trembatschauer Wege stand in Gansow eine Schänke, die der Sage nach an
einem Trinitatissonntage durch Blitzschlag und Versinken zu Grunde ging.
An diesem Sonntag wurde in der Schänke ein Tanzvergnügen veranstaltet,
an dem sich die Bewohner des Dorfes zahlreich beteiligten. Während sich
die ausgelassenen Tänzer und Tänzerinnen wie toll im Kreise drehten, zog
unvermutet ein schweres Gewitter herauf. Trotzdem ließen sie sich in
ihrem Vergnügen nicht stören. Ja, einige unter ihnen erhoben drohend die
Fäuste gen Himmel und stießen dabei Fluchworte und Gotteslästerungen
aus. In demselben Augenblicke ereilte sie Gottes Strafgericht. Ein
Blitzstrahl traf die Schänke und alle Lästerer versanken mit dem Haus in
die Tiefe. Heute befinden sich an der Stelle zwei kleine Teiche, in
denen man früher noch Mauerreste gesehen haben will. (Aus der Schleiser
Schulchronik.)
8. Der Hochzeitsberg bei Suschen
Dicht vor dem Dorfe Suschen liegt ein sandiger Hügel, welcher
Hochzeitsberg genannt wird. über die Entstehung dieses Namens geht
folgende Sage im Volke. Einst wollte ein junges Brautpaar den Bund der
Ehe schließen. Die Mutter der Braut war jedoch mit der Wahl ihrer
Tochter nicht einverstanden. Da aber die Tochter standhaft blieb und
sich durch nichts von ihrem Vorhaben abbringen ließ, mußte die Mutter
schließlich einwilligen. Der Tag der Hochzeit kam heran. Die
Hochzeitsgäste hatten sich zur Fahrt nach der Neumittelwalder Kirche
eingefunden. Die Vorreiter schwangen sich auf ihre Pferde, die Gäste und
das Brautpaar bestiegen die Wagen und der Zug setzte sich in Bewegung.
Da rief die Mutter, noch immer verärgert, den Brautleuten nach: "Es wäre
mir am liebsten, wenn ihr gar nicht wiederkämt!" Sie konnte nicht ahnen,
wie schnell sich ihr Wunsch erfüllte. Als der Hochzeitszug auf der
Heimfahrt über die Anhöhe kam, tat sich der Hügel auf und verschlang
Menschen, Pferde und Wagen. Voller Entsetzen gewahrten die
vorauseilenden Vorreiter das Unglück. Sie ritten ins Dorf und meldeten
den Vorfall. Alle Nachforschungen nach dem Verbleib des Brautpaares und
der Hochzeitsgäste blieben erfolglos. Der Hügel heißt seitdem der
Hochzeitsberg. Noch lange nach diesem Unglück konnte man hier die
Deichselspitze des Brautwagens aus der Erde hervorragen sehen und um die
mitternächtliche Stunde deutliches Peitschenknallen hören. (Erzählt von
Lehrer Müller, Klenowe.)
9. Die alte Wassermühle von Schönsteine
Am westlichen Dorfende von Schönsteine befindet sich eine Wassermühle,
die jedoch nicht mehr oder nur sehr wenig in Betrieb ist. Der letzte
Besitzer hieß Andreas Berek und betrieb mehr Ackerbau. Das in einem
Häuschen eingebaute Wasserrad wird durch einen kleinen Teich gespeist,
der von dem Mühlrad durch einen Feldweg getrennt ist. Vor vielen Jahren,
als die Mühle noch in Gang war, kam eines Tages ein junger Müllerbursche
zum Besitzer der Mühle und bat um Arbeit. Der Meister konnte ihn nicht
beschäftigen und ließ ihn ohne ihm einen Groschen auf die Wanderschaft
mitzugeben, weiterziehen. Der Handwerksbursche war darüber so empört,
daß er dem Meister nur noch zurief: "In deinem Teich sollen von nun an
keine Frösche mehr singen!" Sein Fluch wurde zur Wirklichkeit, denn von
dieser Stunde bis auf den heutigen Tag hat nie mehr ein Frosch sein
Abendlied aus diesem Teiche erschallen lassen. (Erzählt von Lehrer Erich
Anders.)
10. Das Jungfernteichel
Wenn man von Goschütz-Neudorf nach der Försterei Gusinnen wandert,
gelangt man nach 15 Minuten zu einem Wasserloch mit steilabfallenden
Rändern. In der Größe von 40 Quadratmetern starrt dem Wanderer eine
trübe Wasserfläche entgegen. Schilf umkränzt dieselbe in dichter Fülle,
Algen bilden ein dichtes Netz und Wasserlinsen schwimmen darauf. Auch
zur schönsten Sommerszeit versammelt sich hier keine frohbadende
Kinderschar; denn ein Unglücksbringer ist dieses Wasser und unermeßlich
seine Tiefe. Einst soll hier ein Häuschen gestanden haben. Wund am
Herzen hatte sich eine Jungfrau in die Einsamkeit geflüchtet. Kein
froher Tag ging ihrem Grame auf. In einer schlimmen Nacht versank
plötzlich die Hütte im Erdboden und Wasser stiegen gurgelnd herauf. Das
"Jungfernteichel" flüsterten die Leute und hasteten scheu vorbei. Fast
waren die Schrecken des Ortes vergessen, da ward eine Brücke über die
Wassergrube gebaut. Ein froher Wagenzug donnert darüber hin. Zur Kirche
fährt ein bräutlich Paar. Da knackt das Holz in allen Fugen und der
letzte Wagen, der Braut und Bräutigam birgt, stürzt jählings in die
Tiefe. Allen Versuchen, die Brücke wieder herzustellen, trotzte das
Wasser. Gemieden von jung und alt lag es in ungestörter Einsamkeit. Der
fremde Wanderbursch, der im Sommerbrande Kühlung suchte, fand hier
seinen letzten Tag. Verwegene Hütejungen erzählen von einer hageren
Frauengestalt mit steinaltem Gesicht, die drohend aus dem Wasser taucht.
(Erzählt von Lehrer Susowitz, Goschütz-Neudorf.)
11. Der Sandraschützer Stein
Wenn man den Feld- und Wiesenweg, der von der Sandraschützer Wirtschaft
Nr. 6 nach dem Walde führt, geht, kommt man, nachdem man den Bach
überschritten hat und sich am Waldessaume nach rechts gewandt hat, an
einen mächtigen Granitstein. An diesen, während der Eiszeit von Norwegen
zu uns gekommenen Stein knüpfen sich eine Reihe interessanter Sagen und
Gerüchte. Das geheimnisvolle: "Dort schreckt es!" hält jung und alt
zurück die Stelle in der Nacht zu betreten. Einem Schäfer, der sich doch
ein Herz faßte, begegnete dort ein dürrer Mann mit Pferdefüßen, der
drohend einen Knüppel schwang. Die rätselhafte Erscheinung war ganz in
Lumpen gehüllt. Der Schäfer bekam einen solchen Schreck, daß er eiligst
davonlief und nicht wagte, sich umzudrehen. Nach seiner Meinung sei es
der Teufel gewesen vor dem er sich nur dadurch gerettet habe, daß er,
zwischen den Wagengeleisen gehend, ein Vaterunser betete. Andere wollen
hier oft den Ruf: "Hilfe, Hilfe!" vernommen und ein altes Weib mit einer
Strohhaube gesehen haben. An dem Steine soll vor langen, langen Jahren
eine gottlose Schloßfrau versunken sein, die sich vorgenommen hatte,
mitten im Sommer Schlitten zu fahren, und zu
diesem Zwecke am Waldessaum entlang Salz streuen ließ. Als sie an dem
Stein vorüberfuhr, versank sie zur Strafe für ihren frevelhaften übermut
mit Schlitten, Pferd und Kutscher. Nun kann sie in der Erde keine Ruhe
finden und muß Nacht für Nacht an dieser Stätte umherirren. Sowohl sie,
als auch der Kutscher und das kleine Schloßhündchen will man schon
wiederholt hier gesehen haben. Unter dem Stein sollen große Schätze
verborgen liegen. Ein habsüchtiger Mann machte sich in einer mondhellen
Nacht mit Spaten und Hacke auf, um die Schätze zu heben. Er hatte
bereits dicht neben dem Stein ein tiefes Loch gegraben, als er plötzlich
unter dem Stein ein unheimliches ächzen und Stöhnen vernahm. Voller
Angst ließ er alles liegen und lief davon. Ein vorwitziger Bauer wollte
den Stein sprengen. Er erhielt aber bald bei Beginn seiner Arbeit einen
so kräftigen Schlag in den Nacken, daß er rückwärts in den unten
vorbeifließenden Bach fiel. Einem anderen Bauern, der gleichfalls den
Stein zu sprengen beabsichtigte, offenbarte eine tiefe Grabesstimme
seinen baldigen Tod. Und wirklich verfiel er bald darauf in schwere
Krankheit und wenige Monate später bettete man ihn ins Grab.
12. Das Raubschloß auf dem Finkeberge
Auf dem Finkeberge bei Pawelke in der Nähe von Festenberg soll in grauer
Vorzeit ein Raubschloß gestanden haben, in dem der böse Besitzer eine
große Menge zusammengeraubter Schätze aufbewahrte. Als der Ritter wieder
einmal mit seinen Knechten auf Raub ausgegangen war, zerstörte ein
gewaltiger Brand das Schloß, und die Schätze wurden unter den Trümmern
begraben. Vergeblich bemühte man sich, sie wiederzufinden. In manchen
Nächten soll das Gold noch immer glühen und weithin durch die Nacht
leuchten. Geht man aber näher, so verschwindet es sogleich.
13. Die zwei Waschweiber
Dort, wo die Alt-Brettmühler Grenze und die Oelser Kreisgrenze
zusammenstoßen, sind drei Teiche: Der Grenz-, Mittel- und Neuteich. In
der Nähe des Mittelteiches ist eine Sandgrube. In dieser kann man zur
Mitternachtsstunde zwei alte Weiber waschen sehen und miteinander
schwatzen und keifen hören. Bei Lebzeiten hatten sie in boshafter Weise
die Ehre und den guten Ruf ihrer Mitmenschen durch Verleumdungen
untergraben und über manche unschuldige Person schweres Leid gebracht.
Nun müssen sie zur Strafe ihre frühere, häßliche Gewohnheit fortsetzen,
bis zum jüngsten Gericht.
14. Die "Frauenkehle"
Schöneiche liegt an der Grenze des Wartenberger und Oelser Kreises. Die
Grenze liegt am Grenzteich. Die Dorfsage erzählt, daß man auf seinem
Damm früher oft einen glühenden Eber gesehen habe, der sich am
Rennsteine, dem Abschluß des Teiches, ins Wasser stürzte. Zischend und
brausend schlugen die Fluten über ihm zusammen. Wenige Hundert Meter
davon entfernt liegt eine sumpfige Stelle im Walde, "Frauenkehle"
genannt. Die Sage berichtet, daß jedesmal, wenn man den Eber sah, eine
weiße Frau in der "Frauenkehle" nachts um 12 Uhr in der Luft erschien
und Wäsche zum Trocknen aufhing.
15. Eine fromme Legende
Um das Hedwigsbild, das auf dem Gutshof in Kunzendorf an einem Baum
angebracht ist, rankt sich eine fromme Legende. Die heilige Hedwig sei
auf ihrem Wege von Trebnitz nach Bralin-Krakau über Kunzendorf
gepilgert. Im Gutshof habe sie übernachtet. Zum Andenken daran sei das
besagte Bild angebracht worden. Eine Zeitlang war es vom Gutspächter
entfernt worden, da aber in dem gleichen Jahr eine große Zahl Vieh
einging, brachte man das Bild wieder am Baum an. Der Baum ist inzwischen
oberhalb des Bildes abgebrochen, aber das Bild ist bis heute unverletzt
geblieben. (Erzählt von August Kositze, in: Perlitius, W., Die Gemeinde
Kunzendorf.)
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Plakat auf der Polizeiausstellung in Berlin im Jahre 1926
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16. Der "Schütze Melchior", Mordbuben und andere übeltäter
In der Zeit, als Medzibor zum Herzogtum Württemberg-Oels gehörte, wurde
die damals noch sehr waldige Umgebung des Städtchens von einem
Raubmörder, Melchior Hedloff, sehr heimgesucht. Er war aus Kenchenhammer
gebürtig und wird noch jetzt in der vulgären Sprache "Schütze Melchior"
genannt. Erst nach elfjährigem Treiben seines Raubmords-Handwerks wurde
dieser verruchte Bösewicht in dem Dorfe Linke bei Sulau aufgegriffen und
empfing vor dem Rathause in öls, am 19. Januar 1659 in seinem 48.
Lebensjahre, den verdienten Lohn. Er bestand darin, daß er auf einer
Kuhhaut zum Richtplatze geschleppt, mit glühenden Zangen an allen
Fingern und an den Armen gezwickt, dann gerädert und gevierteilt wurde.
Seine Büchse, womit er 5 Edelleute, 7 Kaufmannsdiener, 5 Viehhändler, 8
Branntweinmänner, 83 Reuter, 15 Musketiere, 100 Polen, 1 Raubschützen, 6
Juden, 3 Handwerksburschen, 3 Bauern und 10 schwangere Frauen, zusammen
also 251 Personen erschossen haben soll, wird noch heut in der
Kunstkammer des herzoglichen Schlosses zu öls aufbewahrt. In folgendem
Monate, am 23. Februar wurden auch zwei Brüder desselben, Watz und Georg
Hedloff zu öls hingerichtet. Der Erstere wurde, weil er etliche Male bei
den Mordtaten zugegen war und Anteil an der Beute genommen hatte, aufs
kürzeste gerädert und sein Leichnam aufs Rad gelegt; den Letzteren
enthauptete man, weil er bei dem Niederschießen einer Person behülflich
war und als Ehemann mit eines anderen Weibe Ehebruch getrieben hatte. Im
Jahre 1691 am 10. Februar wurde hier dem Georg Schuffet, aus
Katzenhammer bei Liegnitz gebürtig, wegen zweimaligem Feueranlegen beim
hiesigen polnischen Pastor Samuel Cretins sowie wegen Kirchenraubes zu
Schleise bei Wartenberg und sonstiger Büberei, die er verübt hatte, der
Kopf abgeschlagen, auf eine Stange genagelt und der Leib in ein Rad
geflochten.
(J. E. W. Vieweg, Chronik der Stadt Metzibor, der Kirche und der Schule
daselbst. 1839.)
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