Der Mittel- und
Kleingrundbesitz aufgezeigt am Beispiel der Gemeinde Klein-Kosel
Von Ernst Steuer +
Die Gemeinde Klein-Kosel lag am Ostrand der Kreisstadt Groß Wartenberg
und hatte mit der Stadt und der Gemeinde Mühlenort Gemengelage. Die
Einwohnerzahl betrug etwa 680. davon waren etwa dreifünftel evangelisch
und zweifünftel katholisch. Klein-Kosel gehörte zum Kirchspiel Groß
Wartenberg. Das erste Grundstück der Gemeinde (aus Richtung Groß
Wartenberg) war die Tischlerei Kosiol, die an der Ecke der
Schreibersdorfer und Kempener Straße lag. Entlang der Schreibersdorfer
Straße reichte Klein-Kosel bis zum städtischen Friedhof und Vorwerk
Messinietz. Letzteres wurde nach dem Ersten Weltkrieg infolge
Neufestlegung der polnischen Grenze vom Hauptgut Schreibersdorf getrennt
und dadurch der Gemeinde Klein-Kosel zugeteilt. Weiter nach Osten
bildete der Hochwald des Prinz Biron von Curland'schen Besitzes die
Grenze bis zum Kilometerstein an der Kempener Straße vor dem ehemaligen
Schlauper Zollhaus. Das Zollhaus war nun polnisches Grenzzollamt
geworden. Weiter süd-südwest lag das Vorwerk Maliers und der Dhyrenhof.
Dazwischen, an der Groß-Koseler Straße, das Knappe-Glaser-Haus, daß vor
der Abtretung an Polen zu Groß-Kosel gehörte. Die Gemarkungsgrenze zog
sich dann in westlicher Richtung bis zum Bahnwärterhaus mit Fasanerie,
prinzlicher Gärtnerei und der früheren Gemeinde Paulschütz.
Das Vorwerk
Messinietz war an Landwirte von Klein-Kosel und Mühlenort z. T.
aufgesiedelt und der Rest verpachtet. Auch der sogenannte Scheuniger
Acker des Prinz Biron von Curland, an der Kempener Straße, war im
Siedlungswege verpachtet.
Am Ortsausgang von Klein-Kosel stand das
deutsche Grenzzollamt mit drei Beamtenwohnhäusern. Vor diesen lagen die
alte prinzliche und städtische Ziegelei, die jedoch nicht mehr in
Betrieb waren. Von der ersteren stand nur noch das Wohnhaus mit
Wirtschaftsgebäuden. Die städtische Ziegelei war ganz abgebrochen und die
Ländereien an den Straßenwärter Lummel verkauft, der sich dort ein
Wohnhaus mit Nebengebäuden erbaut hatte. Nordöstlich der Kempener
Straße, am Baldowitzer Weg, stand auf dem Stodolskischen Grundstück das
städtische Wasserwerk, das 1906/08 erbaut wurde. Ein Nachteil für die
anliegenden Besitzer deren Ländereien durch den Wasserentzug litten.
Auf
der Kempener - Groß-Koseler Straße - Birkenweg fand alljährlich das
weitbekannte Groß Wartenberger Dreiecksrennen statt. Namhafte Rennfahrer
wie Bullus, Mansfeld usw. beteiligten sich daran. Es war als reines
Motorradrennen ausgeschrieben und galt als Wertungslauf für die
Deutschen Motorradmeisterschaften. Die Rennen hatten einen großen
Publikumserfolg und fanden regen Zuspruch.
Die Stadt Groß Wartenberg,
Gemeinde Mühlenort und Klein-Kosel bildeten einen Schulverband. Auch die
Elektrifizierung wurde 1921 mit der Stadt Groß Wartenberg gemeinsam
vereinbart und durchgeführt. Durch ein technisches Versehen der
Herstellerfirma und der Stadtverwaltung wurde jedoch das Oberdorf nicht
in das Ortsnetz aufgenommen. Erst nach längeren Verhandlungen und
schließlich Anerkennung von höheren Baukostenzuschüssen wurde 1922 auch
der "dunkle Dorfteil" mit Strom versorgt.
Für Klein-Kosel und Mühlenort
bestand eine Spar- und Darlehnskasse und ein landwirtschaftlicher
Lokalverein, der jedoch 1935 in die Ortsbauernschaft aufging. Es wurde
auch eine Jungbauernschaft gebildet, die unter Leitung von Jungbauer
Gerhard Kutsche und Gretel Kendzia rege Tätigkeit zeigte und jung und
alt im Gasthaus Peuker und Stampe manche frohe Stunde bereitete. Für die
berufliche Fortbildung der Landjugend sorgte die Landwirtschaftsschule
in Festenberg, unter der bewährten Leitung von Direktor Scheibe, Dr.
Wieland, Frl. Wierske und Frl. Sobel. Auch eine Jagdgemeinschaft mit
Mühlenort sollte nicht unerwähnt bleiben. Klein-Kosel und Mühlenort
bildeten einen Amtsbezirk. Nach Auflösung der früheren Erbscholtisei
Klein-Kosel übernahm Bauer Heinrich Kutsche, Mühlenort, die
Amtsvorstehergeschäfte. Die Gemeindevorstehergeschäfte wurden bis 1922
von Bauer Karl Gondek und von 1923 bis 1945 von Bauer Ernst Steuer
geführt. Kassenverwalter war bis 1925 Kupferschmiedemeister Franz
Kendzia, nach dessen Ableben sein Sohn Helmut Kendzia und nach dessen
Einberufung zum Kriegsdienst Frl. Marianne Schetter. Die Größe der
Gemeinde betrug 975 ha mit 43 landwirtschaftlichen Betrieben und zwei
Vorwerken des Dominiums Schloßvorwerk in Groß Wartenberg. Davon waren 14
Erbhöfe mit 30 bis 150 Morgen, 19 Kleinbetriebe (Stellenbesitzer) und 10
Häuslerstellen. Für den Absatz der Erzeugnisse und den Bezug der
Düngemittel stand die Raiffeisenbezugs- und Absatzgenossenschaft Groß
Wartenberg und für den Milchabsatz die Molkerei Stradam zur Verfügung.
Dort bestand auch eine Kartoffelflockenfabrik, die für die Bauern auf
Wunsch Lohntrocknungen durchführte. Den Bischdorfer Siedlern,
westfälische Bauern, die sich in unserem Kreisgebiet angesiedelt hatten,
stand eine Brennerei zur Verfügung. Die damalige Bezirksbauernschaft in
Groß Wartenberg verfügte außerdem über eine Kartoffeldämpfkolonne, die
auch von den anliegenden Dörfern benutzt und angefordert werden konnte.
Für den Viehabsatz bestand in Groß Wartenberg eine
Viehverwertungsgenossenschaft.
Nachstehend einige Zahlenangaben aus der Beschreibung des Erbhofes Nr.
15, der nachweislich seit 1800 in den Händen einer Familie war.
Größe: 25 ha, davon 20 ha Acker, 3,5 ha Wiesen, 0,5 ha Weide, 1 ha Wald,
0,25 ha Hausgarten, 0,50 ha Obstanlagen, 0,25 ha Wege.
Es wurden angebaut: 6 ha Roggen, 1,75 ha Winter-Weizen, 0,75 ha
Winter-Gerste, 1,75 ha Hafer, 1,75 ha Menggetreide, 0,25 ha Körnermais, 1
ha Erbsen, 0,25 ha Süßlupine, 0,50 ha Lein, 0,50 ha Raps, 3 ha
Kartoffeln, 1 ha Zuckerrüben, 1,5 ha Gemüse.
Lebendes Inventar: 5 Pferde, 1 Fohlen, 1 Zuchtbulle, 12 Milchkühe, 8
Stück Jungvieh, 1 Eber, 4 Zuchtsäue, 25 Mast- und Jungschweine, 2
Schafe, 50 Stück Geflügel.
Totes Inventar: 4 Elektromotoren, 1 Dreschmaschine mit Presse, 1
Wasserversorgungsanlage mit Selbsttränke für Pferde- und Rindviehstall,
1 Häckselmaschine mit Gebläse, 1 Schrotmühle, 1 ölkuchenbrecher, 1
Kunstdüngerstreuer, 1 Kartoffelroder, 1 Vielfachgerät, 1 Drillmaschine, 1
Selbstbinder, 2 Grasmäher, 1 Getreidemäher, 1 komb. Heuwender, 1
Pferderechen, 1 Saatreinigungsmaschine mit Beiztrommel, 1
Kartoffelsortiermaschine, 1 Kreissäge, 1 Rübenschneider, 1
Kartoffeldämpfer mit Quetsche, 1 Viehwaage, 1 Dezimalwaage, 5
Ackerwagen, 2 Kutschwagen, 2 Schlitten, 6 Pflüge, 2 Häufelpflüge, 5 Satz
Eggen, 1 Rübenheber, 2 Ackerwalzen, 2 Kultivatoren sowie Kleereiter für
4 ha.
Zusammenfassend kann man sagen: der landwirtschaftliche Mittel- und
Kleingrundbesitz des Kreises Groß Wartenberg setzte sich aus Bauern und
Kleinbauern (Stellenbesitzer und Häusler) zusammen. Letztere waren
nebenberuflich im Forst, in den anliegenden Ziegeleien, Sägewerken sowie
als Bauhandwerker tätig.
Den Bodenwerten entsprechend konnten alle
Getreidearten angebaut werden. Die Hackfrüchte bestanden überwiegend aus
Kartoffeln und Futterrüben. Ackerbau und Viehzucht hielten sich in etwa
die Waage.
Durch die Ausweisung am 19.1.1945 wurden die Bewohner des
Kreises Groß Wartenberg in alle Winde verstreut. Der erste Befehl hieß
nach Schweidnitz zu trecken. Schweidnitz konnte wegen dem schnellen
Vordringen der Russen nicht mehr von allen erreicht werden. Klein-Kosel
und Teile von Mühlenort und Kammerau wurden bis in den damaligen
Sudetengau geschleust und Ende Februar in Saaz auf die umliegenden
Gemeinden verteilt. Nach dem Zusammenbruch und der damit verbundenen
Plünderungszeit zogen viele Landsleute, immer erneut ausgeplündert,
wieder in ihre Heimat zurück. Unter großen Schwierigkeiten erreichten
sie schließlich ihren Heimatort. Dort wurde ihnen noch der Rest ihrer
Habe genommen und sie waren gezwungen, gegen karge Kost für die Polen zu
arbeiten, bis sie zum zweiten Male ausgewiesen wurden.
Möge das
Schicksal geben, daß wir unsere liebe Heimat wiedersehen.
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