Groß Wartenberg unter Bürgermeister und Ehrenbürger Eisemnänger
1891-1919
Am 22. Februar 1972 jährte sich zum 50. Male der Todestag des Chronisten
Eisenmänger, dessen Leben und Leistung für Groß Wartenberg durch
Bürgermeister Boer eine schöne Würdigung fand. Mit dieser Schilderung
seines Lebens und Wirkens für Groß Wartenberg beginnt die "Kriegschronik
der Grenz- und Kreisstadt Groß Wartenberg" verfaßt von Bürgermeister a.
D. Theodor Eisenmänger, herausgegeben vom Magistrat durch Bürgermeister
Konrat Boer.
Karl Theodor Eisenmänger wurde am 27. Oktober 1853 in
Hohenwiese bei Schmiedeberg im Kreise Hirschberg in Schlesien als Sohn
des Lehrers Carl Eisenmänger und der Albertine, geb. Wennrich, geboren.
Vom 5. Lebensjahre an besuchte er die Volksschule in Hohenwiese und vom
10. Lebensjahre ab die Realschule zu Landeshut. Diese verließ er im
Jahre 1873 mit dem Reifezeugnis für Oberprima. Im Jahre 1874 trat er als
Zivilsupernumerar beim Gericht zu Schmiedeberg ein, arbeitete dort und
beim Kreisgericht zu Hirschberg bis zum Jahre 1876, legte sodann beim
Appellationsgericht zu Breslau die Prüfung als Aktuar II. Klasse ab und
genügte darauf seiner Militärpflicht beim Inf.-Regt. 19 zu Hirschberg
als Einjährigfreiwilliger. Von 1877 - 1879 war Eisenmänger Bürodiätar in
Nimptsch/Schlesien. Von 1879 wurde er als Bürogehilfe beim Landgericht
Brieg, dem Amtsgericht zu Groß Wartenberg, dem Landgericht zu Görlitz
und dem Amtsgericht zu Levin beschäftigt. 1882 wurde er Diätar beim
Amtsgericht zu Oels. Am 1. April 1885 erhielt er seine etatsmäßige
Anstellung als Assistent beim Amtsgericht in Groß Wartenberg, wo er
insbesondere in der Strafrechtsabteilung und als Gefängnisinspektor
beschäftigt wurde.
Nachdem am 25. Oktober 1890 der damalige
Bürgermeister Wilhelm Martienßen plötzlich gestorben war, bewarb sich
der Gerichtsassistent Eisenmänger zusammen mit 64 anderen Bewerbern um
seine Stelle.
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Groß Wartenberg: Ring mit Rathaus
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Obwohl sich 14 Bürgermeister, 1 Amtsrichter a. D., 1 Kandidat der
Rechts- und Staatswissenschaft, 5 Kreissekretäre, 4 Amtsvorsteher, 2
Stadtkämmerer, 7 städt. Beamte, 5 Offiziere a. D., 3 Lehrer, 1
Eisenbahnsekretär, 8 Büro- und Kassenbeamte, 6 Gerichtsbeamte, und 1
Zahlmeister a. D. um die Bürgermeisterstelle bewarben, erhielt am 17.
April 1891 doch der Amtsgerichtsassistent Eisenmänger 12 von 17 Stimmen.
Die Wahl wurde wegen eines Formfehlers für ungültig erklärt. Obwohl von
gewisser Seite, zum Teil auch in der Presse (Lok. an der Oder Nr. 46)
gegen Eisenmänger Stimmung gemacht wurde - hatte er doch das große
Verbrechen begangen und in lustiger Gesellschaft den Sohn des
Stadtverordneten-Vorstehers angeulkt, hatte er doch ca. 17 Tage vor
seiner Wahl als Bürgermeisterkandidat sich einem öffentlichen
Tanzvergnügen hingegeben und mit Mädchen aus den unteren Volksschichten
getanzt - -, machten doch seine Freunde aus dem Gesangverein eifrig
Propaganda - - und so wurde er am 8. Juni 1891 mit 13 von 17 Stimmen
gegen den Kämmerer und Bürgermeister Haertel aus Steinau a. Oder
wiederum zum Bürgermeister gewählt und am 17. d. Mts. bestätigt. Aus
Anlaß seiner Einführung fanden an diesem Tage ein Ehrenmahl, ein
Gartenfest und ein Fackelzug statt. Das ganze Sinnen und Trachten
Eisenmängers während seiner 28jährigen Amtszeit war einzig und allein
der Entwicklung und Wohlfahrt der Stadt gewidmet. Es wurde eine
Aerogengasanstalt gebaut, die während des Krieges in eine
Steinkohlengasanstalt umgebaut wurde, 1912 die neue evgl. Stadtschule
und 2 Lehrerdoppelhäuser gebaut, 1906 die Hochdruckwasserleitung erbaut,
die Straßen der Stadt aus Sparkassenüberschüssen neugepflastert und
teilweise kanalisiert, der Städt. Besitz durch Ankauf des Deimling'schen
Stadtgutes vergrößert. Am 29. Dezember 1902 erfolgt seine Wiederwahl. Im
Sommer 1909 wurde er das erste Mal krank, er klagte über nervösen
Kopfschmerz, verbunden mit Gedächtnisschwäche und mußte sich auf Anraten
des Kreisarztes Dr. Furch einer vierwöchigen Erholungskur unterziehen.
Ende November 1919 erkrankte Bürgermeister Eisenmänger an
Leberschwellung und Gallenkolik. Das Leiden verschlimmerte sich schnell,
so daß er um seine Pensionierung einkam. Das Gesuch lautet auszugsweise:
"Am 1. Januar 1874 trat ich in den Staatsdienst ein, 1891 wurde ich
Bürgermeister dieser Stadt, so daß ich Ende 1919 eine Gesamtdienstzeit
von 46 Jahren erreicht haben werde. Der Krieg 1914/18 mit seiner
Mobilmachung, seinen ununterbrochenen Musterungen von Mannschaften,
Pferden und Geräten, mit den fortwährenden Bestandsaufnahmen von Vieh,
Feldfrüchten und Kriegsgeräten, der Lebensmittelversorgung, der
Aufstellung und Einübung der Jugendwehr, mit den mehr als 1600 §§ der
Kriegsvorschriften nahmen meine Kräfte bis zur höchsten Anspannung in
Anspruch. Erholung gabs nicht, ich hatte seit 1914 keinen Urlaub. Diese
Belastung hört so bald nicht auf, es ist eher anzunehmen, daß sie sich
verstärkt. Die staatliche Umwälzung bringt neue Gesetze, an denen die
Kommunalbehörden reichen Anteil haben werden (Wohnungsgesetzgebung,
Erwerbslosenfürsorge, Gutsbezirksauflösung). Diesen Arbeiten bin ich mit
meinen 65 Jahren nicht mehr gewachsen.
Ich bitte die städtischen
Körperschaften ergebenst, mich am Ende dieses Jahres mit Ruhegehalt aus
dem Amt zu entlassen."
Die Stadträte nahmen am 16. Mai mit lebhaftem
Bedauern von diesem Gesuch Kenntnis. Wie krank Eisenmänger war, wußte er
zunächst selbst nicht. Ehrlich und wahr gegen andere, so auch gegen sich
selbst, fühlte er nur allzu deutlich das rapide Abnehmen seiner Kräfte.
Am 26. September begab er sich zur ärztlichen Untersuchung zu Geh. Rat
Dr. Kittner in Breslau, der seine sofortige Aufnahme in die Klinik
anordnete, wo bald darauf (Eisenmänger litt in Wirklichkeit an
Darmkrebs) eine schwere Operation vorgenommen werden mußte. In dieser
Zeit bis Ende des Jahres wurde er vom Beigeordneten Konditormeister
Lothar Mantel und durch den inzwischen bestätigten Nachfolger
Bürgermeister Konrat Boer vertreten.
Am Sonnabend, dem 3. Januar 1920,
fand in einer besonderen Stadtverordnetensitzung, die im festlich
geschmückten Adlersaal stattfand, die feierliche Verabschiedung von
Bürgermeister Eisenmänger statt. Nach Eröffnung durch den
Stadtverordnetenvorsteher Dr. Rothweiler spielte eine Militärkapelle das
Stück: "Zur Ehre Gottes". In seiner Abschiedsrede wies Dr. Rothweiler
auf die Verdienste hin, welche sich Bürgermeister Eisenmänger um die
Stadt erworben hat und erwähnte die Errungenschaft, die ihm zu danken
sind.
Dabei brauchte der Steuersatz nur geringfügig erhöht zu werden. Auch war
er ein fürsorgender Berater der Armen. So hat die Stadt es ungemein
bedauert, daß der Vater der Stadt, durch schwere Erkrankung gezwungen,
sein Entlassungsgesuch einreichte. "Wir haben ihm stattgegeben, weil wir
ihm nach langer aufopferungsvoller, unermüdlicher Lebensarbeit einige
Jahre wohlverdienter Ruhe bereiten wollten. Von diesem Wunsch getragen,
haben wir Herrn Eisenmänger zum Ehrenbürger der Stadt ernannt."
Der
Redner überreichte hierauf dem Scheidenden die Ehrenurkunde, die in der
Breslauer Kunstgewerbeschule durch Professor Paul Hampel geschaffen
worden ist. Die Ehrenurkunde, auf Pergament in schwarz und gold
geschrieben und gesiegelt, hat folgenden Wortlaut:
"Wir Magistrat und
Stadtverordnete der Kreisstadt Groß Wartenberg haben durch einstimmigen
Beschluß vom 24. Oktober cr. Herrn Bürgermeister Theodor Eisenmänger in
Anerkennung seiner 28 ½ jährigen väterlich-fürsorglichen, unausgesetzt
schaffensfreudigen und erfolgreichen Amtstätigkeit anläßlich seines
Eintritts in den wohlverdienten Ruhestand das Ehrenbürgerrecht unserer
Stadt verliehen. Zur Urkunde dessen ist dieser Ehrenbürgerbrief
ausgefertigt und heut von uns vollzogen worden.
Groß Wartenberg, dem 31.
Dezember 1919.
(gez.) Unterschriften (gez.) Unterschriften
Der
Magistrat
Die Stadtverordneten
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Groß Wartenberg: Kriegerdenkmal
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Als Vertreter der Staatsbehörde richtete
darauf Herr Landrat von Reinersdorff tiefempfundene Worte der
Dankbarkeit an den Scheidenden und nahm bezug auf die Anerkennung des
Reg.-Präs. Er schloß: "Ich wünsche Ihnen einen langen, friedlichen
Lebensabend und das Erleben der Stunde, wo das deutsche Volk aus dem
Zustande der Erniedrigung und der Schmach sich aufrafft zur alten Höhe."
Eisenmänger antwortete in längerer Rede, in der er in launiger Weise
einen Rückblick auf seine Amtstätigkeit warf. Nachdem die Einführung des
neuen Bürgermeisters erfolgt und die Stadtverordnetensitzung geschlossen
war, richtete der 1. Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr,
Hartebrodt, Dankesworte an den Begründer und langjährigen Leiter der
Wehr und gab, unter Uberreichung einer Ehrenurkunde, die Ernennung zum
Ehrenvorsitzenden bekannt. Im Anschluß an die Feier
versammelten sich über 80 Herren zu einem Festessen. Während der
Feier brachte die Feuerwehr zusammen mit dem Turnverein dem zu
Ehrenden einen FackelZug.
Die frommen Wünsche auf einen geruhsamen
Lebensabend sollten sich leider nicht erfüllen. Auf Bitten der
städtischen Körperschaften schrieb Eisenmänger bis zum August 1921,
von schweren Krankheitswochen unterbrochen, diese Kriegschronik, in
der er mit Fleiß alles das zusammentrug, was er in schwerer
Kriegszeit aufgezeichnet hatte. Angefügt war noch ein
Kriegsteilnehmerverzeichnis und ein Nachweis der Gefallenen,
Verwundeten, Vermißten, Ausgezeichneten usw., welcher von Max
Albrecht ergänzt und zu Ende geführt wurde.
In der Nacht zum Donnerstag dem 9. Februar 1922, entschlief Bürgermeister
Eisenmänger nach langem Leiden. Gern hätte man ihn in einem Ehrengrab
der Stadt bestattet, doch mußte seinem Wunsch Rechnung getragen werden,
am Fuß der Schneekoppe, in Schmiedeberg, wo seine Eltern und sein Onkel,
der Schmiedeberger Chronist und Kantor Theodor Ludwig Eisenmänger ruhen,
beerdigt zu werden. So fand am 13. Februar in der Schloßkirche die
Trauerfeier für ihn statt. Viel Volk aus Stadt und Land, die städtischen
Körperschaften, Vertreter der Behörden usw. hatten sich vor dem vor dem
Altar aufgebahrten Sarg versammelt. Orgelklang eröffnete die Feier, dem
ein Choral des Männergesangvereins folgte. In seiner Gedächtnisrede
rühmte Oberpfarrer Wießner besonders seine Bescheidenheit.
Gerechtigkeitsliebe, Arbeitsfreude und Liebe zur Natur. Nach nochmaligem
Choral ordnete sich der Trauerzug, voran die Vereine mit umflorten
Fahnen und ein Zug der zur Zeit hier anwesenden Schutzpolizei. Auf dem
Bahnhof angekommen sprach Oberpfarrer Wießner Worte des Abschieds,
worauf der Sarg von Mitgliedern der Feuerwehr, die den Trauerzug mit
brennenden Fackeln begleitet hatte, unter den Klängen eines
Abschiedsliedes in den Eisenbahnwagen gehoben wurde.
In strahlendem
Glanz erstrahlte die Wintersonne, als am 19. Februar unser
Altbürgermeister in Schmiedeberg zur letzten Ruhe gebettet wurde.
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