Abb. 12
Groß Wartenberg. Stahlstich von B. Strahowsky (vor dem Stadtbrand von 1742)

Der Stadtbrand vom Jahre 1742

Auch Groß Wartenberg erlitt - wie viele andere Städte Schlesiens - erhebliche Brandschäden. Eine der größeren Brandkatastrophen mag wohl die im Jahre 1742 gewesen sein. Wir besitzen darüber die Mitteilungen von Daniel Gomolke, einem alten Wartenberger Chronisten, welcher bei dieser Veranlassung die Geschichte der Stadt Groß Wartenberg schrieb. Wenn auch Gomolke in bezug auf historische Zuverlässigkeit nicht allzu ernst zu nehmen ist, so dürfte sein Bericht doch einiges Interesse erwecken. Hören wir den Chronisten selbst:
"Anno 1742 betraff unser armes Wartenberg abermahls ein unvermuthetes großes Ungelücke. Am 4. Novembris, frühe zwischen zwei und drei Uhr, da die Einwohner noch im besten und tiefsten Schlaf begraben lagen, entstund recht am Ecke bey dem Teutschen Thor in des Christian Fechners, eines Bürgers und Marktziehers Hause eine entsetzliche Feuerbrunst, und zwar, wie man erfahren, durch leichtfertige Verwahrlosung und Unachtsamkeit. Wie solche nun ausgebrochen, und die vor des hieselbst am Ringe logierenden Herrn Rittmeisters de Malakowsky von den hier liegenden Ulanen, Hause und Quartier stehende Schildwache (das Feuer) gewahr worden, so hat selbte gleich auf Rettung geschryen, auch (hat) des Herrn Rittmeisters Trompeter sogleich stark lermen geblasen, das Volk aber ist schwer aus dem Schlaf zu erwecken gewest. Da denn bey schon Tages vorher entstandenem und zumals zunehmendem Sturm das Feuer so überhand genommen, das es sogleich die nebenstehende Evangelische Schule und des Herrn Neugebauers, Ratsherrn und Rentmeisters, wie auch der Frau Laschin, Bürgerin und Sattlerin, Haus ergriffen und in volle Flammen gesetzet. Ob nun schon, nachdem die Innwohner erwecket, und allemöglichste Anstalt gemachet worden mit Löschen und abreißen der brennenden Dächer, hat es doch nicht geholffen, zu dem ist auch die große Stadtsprütze verstopfft und unbrauchbar worden, dahero die Häuser der Frau Philipp, Ratswittib, des Herrn Karl Gottlieb Königs, Kauff- und Handelsmanns und Rathmanns, des Herrn Steuereinnehmers und des Herrn Stephans, Bürgers und Fleischhauers, welche alles große und wohlgebaute Häuser waren und vieles Holtz in sich hielten, in Brand geriethen. Weil nun der Sturm beständig aus Westen gegen Osten gieng, also mußten auch alle diesem Sturm entgegenstehende Gebäude herhalten. Das Feuer ergriff (auch den) auf dem hiesigen Rathause von Holtz gebaueten Thurm, worauf die Stadtuhr mit viertel und ganzten Uhrglocke, welche einen überhaus wohllauten Klang gehabt, welchen man über 2. Meilweges (? ) gehöret, dieser zündete die an das Rathaus angebaueten (sechs) Krähme (Krambuden) an. Es kamen die Bürger von Medzibor (Neumittelwalde) mit ihrer großen Sprütze unser armen Stad, zu Hülffe, aber nunmehr gebrach es am Wasser; denn die Quellen konnten so viel Wasser in die Stadt nicht geben, als zu dieser Brunst erfordert wurde. Derohalben, weil durch den fortwährenden Sturm immer und mehr Häuser angezündet wurden und zu Rettung der übrigen Häuser alle Hoffnung verlohren war, so war Hiebey nichts mehr zu thun, als daß ein Jeder auf Rettung seiner Mobilien bedacht war. Derohalben wurden die Vorstädter mit Wagen und Pferden in die Stadt beruffen, auf welche Wagen die Innwohner ihre aus den brennenden Häusern entrissenen Haabe daraufgeworffen und damit aus dem Thore zur Stadt hinaus geeilet und solche in Sicherheit gebracht wurden. Weilen nun der grausame fortwährende Sturm die brennenden Funken und Schindeln gleich wie einen Feuer-Regen über die noch stehenden Gebäude streute, so wurden von dem Rathause die gegen Morgen stehenden Gebäude, als des Herrn Jeremias Rörichs, Bürgers und Weißgerbers, und Frau Sattlerin, Wittib und Gast Wirthin, angezündet. Weilen nun der Frau Sattlerin Haus ein großes und langes Gebäude (war), welches viel Holtz in sich hatte, auch daneben ein großer Heustall (stand), so verursachte solches desto mehr Hitze und Flammen also, daß die in selbiger Gasse vom Ringe und der Frau Göpperten, Büchsenmacher-Wittib, ihr an der Ecke stehenden Hause an, alle Häuser links und rechts in Brand geriethen, sammt denen von der anderen Gasse anstoßenden Häusern, bis an das Gässel, so auf den Catholischen Kirchhof gehet, und bis ans Pholnische Thor völlig in Asche gelegt worden. Nun waren noch zwei Seiten am Ringe, nemlich gegen Mittag und Mitternacht übrig, und meinte Jedermann, es würde der Große GOTT es lassen an diesem Ungelücke genung seyn, aber siehe, ehe man sich's versah, so hub des Herrn Postmeisters Heustall an zu brennen, ohne zu wissen, welches Feuer durch den fortdauernden Sturm so aufgeblasen wurde, daß alle in dieser Gegend noch gelegenen Häuser, derer noch 14 mit des Scharffrichters seinem und dem Bräu- und Maltzhause gewesen, bis auf die Baderey und ein Häusel an der Stadt-Mauer, so stehen blieben, in Grund abgebrannt. Es ist auch die letzte recht erbärmlich anzusehen gewest, wie die armen Einwohner nur dem Feuer entlauffen müssen, und keiner dem anderen helffen können, weiln die Häuser auf den (engen) Gassen zu beyden Seiten gebrennet. Das größte Glücke war hiebey, daß kein Mensch in diesem Feuer um(ge)kommen oder verfallen (ist). (Nur) zwey Personen sind beschädigt worden, nemlich ein Tuchmacher, Namens Conrad, deme ein Arm entzwey geschlagen wurden. Drey Pferde, so dem Herrn Rittmeister Malakowsky zuständig gewesen und in dem Stalle bey dem Hause, wo das Feuer ausgekommen, gestanden, verbrannten. Das andere Glücke ist, daß der Große GOTT auch mitten in seinem Zorn stille gehalten und der brennenden Flamme Einhalt gethan, auch daß sich der Wind nicht gewendet; denn es sonst um die noch stehenden Häuser würde gethan gewesen seyn.
Abb. 13
Im Schloßpark
Wo hätten alsdann die armen abgebrannten Innwohner hingesollt, weil der Winter vor der Thür, vielen auch ihr weniger Vorrath im Feuer mit verdorben (war)? Nun nach überstandener allergrößten Gefahr mußten die Bauern mit Fischfässern Wasser in die Stadt führen und das noch brennende Holtz löschen. Es wurden auch alle folgende(n) Nächte bis 18 Bauern von denen der Herrschaft gehörigen Dörffern beordert, daß sie des Nachts wachen und das noch brennende Feuer löschen musten. Man hat noch den 14. Novembris, als 10 Tage nach dem Brande, auf unterschiedenen Stellen lebendiges Feuer gefunden. Also sind in allem abgebrannt 84 Wohn-Gebäude, samt den Besitzern und 44 Mieth-Bürger und Innwohner, zusammen 126 Bürger. Unter denselben sind: 13 Schuhmacher und 5 Wittfrauen, 5 Schneider und 3 Wittfrauen, 3 Bäcker, 6 Leineweber und 2 Wittfrauen, 9 Kürschner, 5 Tuchmacher, 2 Büchsenmacher, 2 Seiler, 2 Weiß- und ein Roth-Gärber, 1 Kupfer-Schmidt, 1 Huf-Schmidt, 1 Schlosser, 1 Rademacher, 1 Tischler, 2 Böttger, 2 Riemer, 1 Fleisch-Hauer, 1 Posamentierer, 1 Gräupner, 1 Zimmermann, 1 Hutmacher und 1 Wittfrau, 1 Sattler-Wittfrau, 1 Büchsenmacher-Wittfrau, 1 Kürschner-Wittfrau, 1 Seiler-Wittfrau und noch 6 andere Wittfrauen höheren Standes.
Drey Praesagia oder Vor-Bothen haben kurtz vorher das Ungelücke prophezeiet.
1. ist den Abend vor dem Brande eine Feuer-Kugel herauf am Himmel gestiegen, welche sich wie ein Fell über die Stadt ausgebreitet und nachmahls auf die Stadt herabgefallen, welches der Post-Meister im Kempen nebst anderen deutlich gesehen.
2. Stehet ein Brunn hart am Hause, wo das Feuer auskommen, da hat es etliche Tage vorhero allemal des Nachts geschöpfft und gegossen, welches viele Menschen gehöret, aber niemanden dabey gesehen.
3. Ist kurtz vor dem Brande etliche Nächte nach einander zu der Schildwache, so vor des Herrn Rittmeisters Logiment (Wohnung) gestanden, ein weiß-gekleidetes Frauensbild kommen, welche zwar von der Schildwache angeschryen, aber keine Antwort bekommen. Als er nachmahls nach ihr (hat) Feuer geben wollen, hat sie sich in den aufm Ringe stehenden Brunnen gestürtzet, daß die Schildwache das Plumpen gehöret.
Den Tag nach dem Brande, als dem 15. Novembris arivierte (kam an) allhier der Königlich-Preußische Kriegsrath Kiesewetter und nahm das Unglück in Augenschein, untersuchte auch und examinierte den Fechner nebst seinen Leuten, aber ohne Furcht. Auf Befehl seiner Königl. Majestät in Preussen that Er die Verordnung daß sich keiner von denen abgebrannten Bürgern und Innwohnern von hier wegbegeben solte, wer keine Wohnung hätte, dem solte auf Hohe Obrigkeitliche Verordnung eine angewiesen werden. Derohalben mußte sich der Herr Rittmeister Malakowsky mit seiner Compagnie Ulanen oder leichten Husaren nach Bralin begeben. Die professionierte(n) Bürger wurden in die vom Feuer übriggebhebene(n) Häuser logiert, (so daß) denn in manchem Hause bis 20, 24, 28 und 30 Personen zusammen kamen. Mitlerweile sandte der liebe GOTT unterschiedliche Wohlthäter aus der Nachbarschaft, welche unsere bedrängten Einwohner mit Speiß und Tranck erquickten. Als (da sind) Ihro Gnaden, der Herr Baron von Dührn in Nieder-Stradam, welcher zu zweyen mahlen Brodt und Fleisch (hatte) austheilen lassen; die Frau Baronesse zu Droltwitz; deßgleichen die beyden Herrn Geistlichen zu Medzibohr Bier und Brodt; die Herrn Geistlichen zu Bernstadt Brodt und Mehl; der Herr Landes-Hauptmann von Dreßke jedem eine Metze Gerste; die Herrn von Pritwitz zu Pholnisch-Ellguth, jedem eine halbe Metze Gersten-Graupe; der Herr von Lessel, Brodt und Fleisch; der Herr von Poser Erbsen und die Bürger zu Bralin jedem eine Metze Korn und Gerste; andere Wohlthäter zu geschweigen. Gott bezahle und vergelte es ihnen allen reichlich, hier zeitlich und dort ewiglich!
Hierauf kam von Ihrer Königl. Majestät, unserm allergnädigsten Herrn, eine baldige Verordnung an (den) Tag, wie inskünftige diese Stadt solte wieder aufgebauet werden. Dazu verehrten Ihre Majestät aus Königlicher Milde ein gewisses Capital aus dero Königlichem Renth-Cammer, wovon Jedweder, der bauen würde, in zweyen Terminis, ein gewisses Stücke Geld erheben, wie auch freies Holtz (gewährt) und dreyjährigen accis (Steuer) zurücke bekommen (d. h. erlassen werden sollte). Ferner wurde eine Haus-Collecta in allen Schlesischen Städten ausgeschrieben, wie auch nachgehendst bey allen Evangelischen und Beth-Häusern nicht nur in Schlesien, sondern auch in allen Königlich-Preußischen Ländern befindlichen Evangelischen Kirchen eine Collecta vor die allhiesige Evangelische abgebranndte Bürger gesammlet wurde. Da ich diese schriebe (1743) sind schon 12 Häuser nebst dem Stadt-Brau-Hause wieder aufgerichtet. Das erste Hause, welches am ersten unters Dach kam, war des Herrn Johannes Joseph Kleinwächters, Königl. Landes-Steuer-Einnehmers Haus.
Abb. 14
Links: Wartenberger Stadtsiegel um 1377 Rechts: Stadtschöffensiegel aus dem 14. Jahrh. (M, Weiß)
Als das Gesperre aufgesetzt ward und der Zimmer-Meister den Mai-Busch, welcher mit schönen Bändern geziert war, aufsteckte und die dabey gehörige Oration (Rede) machte, ließen sich Paucken und Trompete hören, unterdessen Schall der oben auf dem Fürst (First) stehende Zimmermann eine dreymahge Gesundheit (auf)
1. Ihro Majestät, unsers allergnädigsten Königs und Herrn,
2. eines wohlweisen Raths der Stadt Wartenberg und dann
3. des Bau-Herrns in einem Glaß Wein getrunken, wobey er jedesmahl einen Pistolen-Schuß gethan, dazu machten Trompeten und Paucken allemahl eine Runda (Rundgang um das Haus mit Musik). Des Abends gab Herr Kleinwächter den Maufflern und Zimmerleuten eine kleine Collation (Hebeschmaus)."

Quellenangabe: Groß Wartenberger Heimatblatt Nr. 6/1964. Jg. 7.

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